Nur einmal stellte Georg Kolbe in seinem plastischen Werk das Thema Mutter und Kind dar. Er scheint hier vom eigenen Familienleben inspiriert worden zu sein. Die Bronze macht besonders deutlich, dass der junge Kolbe nicht dem ruhigen, auf Reliefwirkung zielenden Stil Adolf Hildebrands nachstrebte. Sein Vorbild war Auguste Rodin, von dem es mehrere frühe, sehr bewegte Mutter-Kind-Gruppen gibt. Die beiden Gestalten der kleinen Gruppe sind in extremer Bewegung gezeigt. Die junge Mutter bückt sich nieder. Obwohl selbst in labiler Haltung, versucht sie den kraftvoll bewegten, missmutig blickenden Jungen zu beruhigen. Die Komposition bietet verschiedene Ansichten. Dennoch versuchte Kolbe durch den gerundeten Rücken der Mutter und die kreisförmige Haltung ihrer Arme die Gruppe zusammenzufassen. Gegenüber den Mutter-Kind-Darstellungen in der deutschen Bildhauerei um die Jahrhundertwende überrascht Kolbes Gruppe durch das völlige Fehlen von Sentimentalität.