Erwähnte Objekte
Transkription
Pönitz am 10. April 1947
über Leipzig C2, Lana
Hochverehrter Herr Professor!
Gestatten Sie mir, Ihnen zu
Ihrem 70. Geburtstag zu sagen, daß Sie
mich & meine Lieben durch Jahrzehnte hin-
Durch sehr glücklich gemacht haben. Wir sind
bei jeder Ihrer Ausstellungen in Leipzig immer
wieder wahrhaft ergötzt worden durch den
Reichtum der Erfindungen & des Ausdrucks,
den feinen Geist der menschlichen Gestalt & die
Tiefe der Schöpfung! Ich meine das wörtlich: wie
tief Sie eingedrungen sind, um die Gestalt aus dem
Verborgenen der Intuition zu schöpfen! Ich habe
die so oft reproduzierte Plastik der Kleinen Kauern-
den(1) an einem Mädchen erlebt: Verzückte Hinga-
be, die sich in sich selbst – unbewußt bleibend –
sammelte, & darum rein, unberührt blieb,
trotz Verschenken & Enttäuschung! Mein jüngster
Sohn, der über Malta fiel, hatte das liebliche Bild
immer bei sich & es hängt jetzt in meinem ein-
samen Zimmer, wie das Inselbuch(2) Ihrer Bild-
werke, das sein steter Begleiter war, neben meinem
steht. Die Reinheit Ihres Menschen war das
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Richtbild der künstlerischen Erziehung meiner
Söhne, & ich bin sehr glücklich, daß ich Ihnen
heute als Angebinde sagen kann (obwohl 2
von ihnen gefallen sind): Sie haben dem hohen
Ideal sich als Menschen & Künstler Schritt um
Schritt genähert, der eine als Musiker, der
andere als Regisseur, der dritte als denkender,
kombinierender Soldat.
Als vor Jahren einer meiner alten
Freunde starb, ließ er mich rufen & schenkte
mir Ihre Nereide von 1924(3): sie sei bei mir
in guten Händen, & er wünsche das, weil sie
ihm so viele Freuden geschenkt habe. Das
tut sie noch; denn es geht kein Geschätzter
aus meinem Hause, dem sie nicht von ihren
Schwunge mitgeteilt hätte.
An Ihrem Ehrentage will ich
ein paar Blumen vor das Mädchen
stellen & Ihrer gedenken mit dem Wunsch,
daß Sie uns noch lange viele Werke
schenken mögen!
Ich grüße Sie in Dankbarkeit
& Verehrung als
Ihr wahrhaft ergebener
Walter Scharf