Brief von Ernst Barlach an Georg Kolbe

Schriftmuster [handschriftlich zugefügt]

[Gedruckte Danksagung:

Man hat mir zu meinem 65sten Geburtstage so
manche Freundlichkeit erwiesen, welche ich als
Ausdruck einer guten Meinung von mir willkom-
men heiße. Wünsche für die kommenden Jahre
nehme ich freudig hin, das Gute, womit man meine
früheren bedacht hat, sei als Geschenk empfan-
gen. Allen Spendern sei auf das beste gedankt,
alle seien gebeten, mit diesen wenigen Worten
aufrichtiger Erkenntlichkeit vorlieb zu nehmen,
so sehr ich wünschte, jedem Einzelnen zu erwi-
dern. Aber es fehlt mir bei aller Schreibfreu-
digkeit durchaus an Kräften und Zeit, und so
dürfen wohl einige Druckzeilen das Notwen-
digste sagen.

Ernst Barlach

Güstrow (Meckhb.) Januar 1935.]

Seite 2 bis 3

Lieber Kolbe,

eine seltsame Situation, die eines Jubilars
wider Willen! Indessen, sie hat mir Grüße
alter Freunde gebracht, nicht vergessener, aber
solcher, die Zeit und Umstände, um nicht direkt
Zeitumstände zu sagen, aus den Augen
verlieren ließen. Freilich nicht anders als eben
aus den Augen, was schließlich nicht viel, aber
doch den guten Teil eines Verlustes bedeu-
tet – ich sitze sehr abseits und nage, etwas bösartig
geworden, an den harten Bissen, die mir vorgeworfen
werden. Einer von Vielen freilich nur! Herzlich Ihr
E. Barlach

[oberer Rand rechts, seitenverkehrt]
19. I. 1935