Die 'Scheidende', die durch einige Zeichnungen vorbereitet wurde (Inv-Nr. Z1304-Z1307), ist die letzte Frauengestalt von Georg Kolbe. Wie die in der Haltung verwandte 'Fortuna' (Inv.-Nr. P102) scheint auch diese den Betrachter einzuladen, ihr zu folgen. Nach zahlreichen harmonischen, selbstbewussten, heiteren oder besinnlichen Frauengestalten von Kolbe, wirkt die 'Scheidende' überraschend. Ihre Bewegungen sind unsicher, ihre Körperformen haben die harmonischen Proportionen verloren. In der letzten Figur von Kolbe deutet sich an, dass das idealistische Menschenbild seine Gültigkeit verliert. Gezeigt wird ein Mensch, der seine Orientierung, nicht aber seine Würde verloren hat. Ob der pathetische Titel von Kolbe selber oder von seiner Assistentin Margrit Schwartzkopff stammt, kann nicht geklärt werden. Er spielt auf den baldigen Tod des Künstlers an, den jedoch trotz schwerer Krankheiten der Lebens- und Schaffenswille nicht verlassen hatte.