Transkription

D'dorf den 18. Mai 1931

Sehr lieber Georg Kolbe!

So lange habe ich nichts von mir hören lassen!

Sie baten mich im letzten lieben Brief um Photos.
Hier sind sie nun, und ich schäme mich beinahe,
daß ich sie Ihnen zu zeigen wage.

Seien Sie bitte recht nachsichtig, wie könnte
ich Sie sonst im Herbst wieder fröhlich anschauen!

Wenn die Blätter fertig werden, hoffe ich, den Weg
nach Berlin wieder zu finden. Und ich habe dabei
eine böse Absicht: den großen Frauenkopf möchte
ich noch einmal modellieren, weil er so schön
ist, daß man daran verzweifeln mag. Und da
das Mädchen nach Berlin zieht, so möchte ich
ihn dort noch einmal versuchen. Und Professor
Georg Kolbe wird mir dabei sagen, daß ich alles
falsch mache! Ob er es tut?

Es geht mir gut. Wenn ich auch ein wenig
einsam bin, so scheint das der Arbeit wohl
zu tun, wenigstens was den Fleiß angeht.

Es ist seltsam, wie schlecht ich Ihnen heute
schreiben kann. Vielleicht ist's, weil es mir
fast aufdringlich erscheint, Ihnen die „Schöpfungen“,
von denen ich selbst weiß, daß sie nichts taugen, zu
schicken. Aber! ein wenig stolz auf uns sind
wir Jungen ja alle!

Ich werde bald besser schreiben.
Viele liebe Grüsse
Ihr
Ivo B.