Inhaltsangabe
Transkription
Dornburg a/S [an der Saale] 1 II 24
Verehrter, lieber Georg Kolbe!
Ihr Brief, obwohl er lange unbeantwortet 
blieb, hat mir große Freude gemacht! Den 
Beifall wünscht man sich zunächst abstrakt, 
und doch freut er einen nur von einzelnen. 
Daß Sie meine Holzschnitte ernst nehmen, ist 
mir eine Genugtuung – ich weiß, daß ich 
erst anfange, meinen Weg zu gehen.
Von der Plastik verlangt man gewiß mehr 
als von der Graphik; ich weiß nicht, ob Sie 
mich da eben so ernst nehmen werden. Zwar 
bin ich zu andrer Zeit und an anderm Ort 
geboren als Sie, und ich sehe die Welt unter 
einem andern Winkel. Aber gute Plastik 
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liegt mir am Herzen ebenso wie Ihnen, 
und ich denke, es doch eines Tages zum 
guten Ende zu führen. Einstweilen wollen 
die Leute das nicht glauben. 
Es ist sehr schade, daß Sie nicht auf dem Weg 
nach Italien bei uns ausgestiegen sind. 
Der Sommer an der Saale ist wirklich 
besonders schön, die Töpferei stört nicht 
und ich komme in die Jahre, wo man ein-
sieht, was man andern schuldig blieb.
Übrigens zieht’s mich wieder nach Berlin, 
ich möchte mich mit frischen Kräften ins Ge-
tümmel stürzen. Im Frühling will ich 
eine kleine Ausstellung in B.[Berlin] machen.
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Also auf Wiedersehn, und grüßen Sie bitte 
Scheibe, der mich mit Stille straft.
Mit herzlichem Gruß
Ihr
G. Marcks.
 
                    