Inhaltsangabe
Transkription
Sonnabend 28. Mai 21.
Als mir vor zehn Jahren das erste-
mal Ihre Tänzerin(1) vor Augen kam, 
fühlte ich schon das als Komplex, was 
ich jetzt in einzelnen Zeilen erlebe, 
mit einem Wort: zu dem Fühlen 
kam das Wissen, und das letztere 
nimmt nicht etwa von dem 
Großen und Ganzen etwas, sondern 
um mich bildlich auszudrücken, 
mir ist, als stünde unter jedem 
einzelnen Punkt ein Licht, und 
alles zusammen giebt noch 
schöner das Ganze: Gewißheit.
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Das ist die Entwicklung meines 
Lebens, das ist die Entwicklung 
Ihres Lebens, Ihrer Kunst. 
Deshalb ist es ein Zeichen von 
oberflächlicher Betrachtung, 
Interesselosigkeit, wenn man 
von Ihnen sagt, Ihre alten 
Werke seien besser wie die 
neuen.
Das ist so ziemlich alles, was 
ich von Ihnen sagen könnt, 
und das ist für Viele zu wenig, 
für die Meisten aber zu viel. 
Für mich genügte das Schweigen.
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Eigentlich wollte ich nur sagen, 
daß ich mich wie unter einer 
guten Sonne fühle, der ich 
mich willig überlassen kann. 
Es rast durch mich hin, tief 
irgendwo ein Punkt, der 
weh tut, aber wenn ich 
nachgebe, ich hab doch gar 
keinen Wunsch. Ich sehe mit 
Freuden zu, wie sich mein Leben 
erfüllt. Alles andere liegt 
zuletzt an der Unvollkommen-
heit aller Dinge. 
Ihre Bertel Uhlenburg.