Inhaltsangabe
Transkription
[Feldpostkarte]
20 Sept. 
1914. 
Gnädige Frau, 
lieber Kolbe! 
Krieg, Pestilenz und teure Zeit! 
Wie geht es Ihnen? Ich bin seit mehr 
als 6 Wochen in der Königsberger 
Umgebung bei einer Batterie, die nun 
eingegraben seit 5 Wochen vergeb-
lich auf die Russen wartet. Wir hof-
fen sehnsüchtig, daß wir bald 
ostwärts weiter geschickt werden. 
So ist der Krieg zu eintönig. Den 
Winter werden wir freilich ohne 
Dampfheizung verbringen müssen, 
aber dann hoffentlich wenigstens 
in Rußland. Ich bin seit 5 Wochen 
kaum ein paar Stunden in eine 
Stube gekommen, bin aber gesund 
u. munter. Wir glauben fest daran, daß 
wir auch im Osten schließlich der gerechte 
Sieger sein werden, aber mir schwant, 
erst im Frühling 1915. Den Österreichern 
scheint es bis jetzt nicht allzu gut zu 
gehen. Was machen Sie nun? Werden Sie 
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sich auch an unserem 
Unternehmen beteiligen? 
Die Plastik ist doch leider 
momentan recht un-
aktuell. Marcks(1) und 
Gropius(2) waren bei Ant-
werpen und bei St. Dié [Saint-Dié-des-Vosges] 
schon tüchtig im Feuer 
und ziehen jetzt mit auf 
Paris los. Seien Sie mit 
Nora(3) recht herzlich ge-
grüßt von Ihrem ge-
treuen 
R. Scheibe xxx xx
Spandinen bei 
Königsberg 
1 Fuß Artillerie Rgt. von 
Lingen 6. überplanmäßige 
Batterie 
Herrn 
Georg Kolbe 
Bildhauer
Berlin-W. 
Regentenstraße 
20. 
 
                    