Inhaltsangabe
Dank für den Erhalt des "Porträts Edith von Schrenck" von 1928 von Georg Kolbe.
Transkription
Ammerland 12. Mai 1930
Lieber Herr Kolbe!
Ich weiß nicht, ob ich bei meinem schlechten Gewissen
beginnen oder mit der Beschreibung meiner Freude
über Ihren Brief?
Ich hatte wohl gedacht: „nun muß ich ihm halt wieder
hergeben“ u. ich dachte daran, wie ich ihn selbst
wieder vorsichtig nach Berlin brächte zu Nora(2). Tomi(3) hat
mir geschrieben wegen eines Abgusses u. ich grübelte
daran ob es nicht ginge. Doch hatte ich jetzt weder
Geld zu Reise nach Berlin übrig noch zu sonst
etwas. Immerzu haspelte ich weiter von einer wirtschafts-
lichen Arbeit zu anderen Orten im Kreise herum aber
weiter kam ich nicht. Wenn ich mal ausruhe ist
Ediths Kopf immer mein Glück. Ich halte ihn
wirklich hoch u. heilig. Und lieber Herr Kolbe,
darum danke ich Ihnen auch auf's Innigste, daß
ich ihn wirklich behalten darf.
Colombo(4) hat gezankt u. behauptet, ich hätte es
soweit getrieben. Es ist nicht ganz so, ich war
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immer in den Gedanken, ihn zu erwerben oder wieder
sanft zurück zu bringen. Nun – ich merke dieses Jahr
nicht wie die Zeit verlief. Ich bin doch nicht mehr
jung u. das Tempo der Zeit strengt mich an.
Tomi ist wieder hier, es war in Berlin nicht glücklich.
Edith wird jetzt auch wieder dort sein u. sagte auch:
„Kolbe ist der einzige Mensch in Berlin ... “. –
Kommen Sie wirklich nie einmal hierher?
In Ammerland ist es schön und still. Jetzt habe
ich noch keine Mieter u. bin gerade mutterseelenallein
hier. Ich zweifle ob ich zufällig wieder einmal
nach Berlin komme. Jetzt nachdem Tomi hier ist
wird es auch noch schwieriger, wegzureisen.
In Ihrer Schuld stehe ich stets aber stets bin
ich Ihnen auch herzlichst dankbar
Ihre Paula Max