Transkription
Oleszno.
13. 4. 15.
Meine liebe Ben!
Nicht nur meines Versprechens 
eingedenk, sondern auch den 
Zügen meines Herzens fol-
gend, sende ich Ihnen 
einen Gruß aus Polen.
Es ist hier ganz herrlich. 
Die polnische Gegend, das 
polnische Dorf u. der polnische 
Schmutz, alles ist malerisch. 
Wir wohnen in einem 
[Ergänzung linker Rand oben]
Ostern haben 
die Russen 
unter weißer 
Flagge den 
deutschen Regi- 
mentern Brot, 
Salz u. Ostereier 
gebracht.
Seite 2
sogenannten Schloß. Der Kalk 
fällt von den Decken und Säulen, 
die Tapeten sind zerrissen, 
die Möbel zerschlissen, aber 
der Besitzer hat 2 Köche, die 
großartige Gerichte bereiten, 
einen Haufen Vollblutpferde 
und 2 Meuten, eine 
Windhundmeute für seine 
Hasenjagd u. seine Saumeu-
te. Überhaupt die Jagd 
in diesen unkultivierten 
Seite 3
versumpften Wäldern ist 
ein Vergnügen. Des Abends 
gehen wir auf den Schnepfen- 
strich u. des Morgens auf 
die Birkhuhnbalz. Es ist ja 
gemein, die Tiere x in 
den schönsten Momenten zu 
stören, aber der Mensch ist 
nun mal ein Biest.
Ich werde hier wohl ganz 
die Allüren eines Grand 
Seigneurs annehmen u. 
Seite 4
mich schwer wieder in der 
Hundehütte zurechtfinden.
Bedauerlich ist, daß das Herz 
hier ganz leer ausgeht. 
Im Frieden muß das wohl an-
ders sein, denn der Besitzer 
rühmt sich, 41 uneheliche 
Kinder zu haben. „Das wäre 
seine Passion, sonst wäre 
er ein guter Mensch.“ 
Nun addios schöne Ben. 
Grüßen Sie den Piloten(1) 
u. behalten Sie lieb 
Ihren Leo König
 
                     
                    