Transkription
Berlin, am 9.II. 07.
Lieber Dr. Schmitt!
Es ist lange her, dass ich etwas von 
mir hören liess, und wenn ich Ihnen 
heute schreibe, ist die Hauptveranlassung, 
dass ich Sie um eine Gefälligkeit bitten 
möchte. Gewiss ist das wenig nett von 
mir.
Von Ihnen und Ihren Schicksalen 
hörte ich manchmal durch Kolbe. Sie 
scheinen sich auch in Pirna Ihr persönliches 
Leben eingerichtet zu haben. – 
Ich that mancherlei im vergangenen Jahre, 
hab mich da auch verlobt und will diese 
Wochen heiraten. Sie wussten wohl nichts! 
Da bin ich auch bereits bei meiner Bitte 
angelangt. Ich hab mir eine Frau 
aus Holland(1) genommen und brauche 
dort zur Eheschliessung meinen Geburts-
schein, legalisiert vom niederländischen 
Consul in Berlin. 
Der kann aber erst unterschreiben, wenn 
das Papier vom Ministerium des Innern 
und darnach dem des Auswärtigen in 
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Dresden beglaubigt worden ist. 
Ausserdem muss ich beim auswärtigen 
Amt in Berlin noch um eine Unterschrift 
nachsuchen. 
Das ist ein schöner Zopf! Ich glaubte, dass 
Dies alles nicht nötig war, der Consul gleich 
unterschreiben könnte. 
Bis zu dem Termin, an dem wir heiraten 
wollen, ist sehr wenig Zeit mehr, und  
ich hab bange, dass es viel zu lange dauert, 
wenn ich an das Ministerium nach Dres-
den schreibe. 
Auf der sächsischen Gesandtschaft hier wur-
de mir gesagt, dass, wenn ich einen Bekann-
ten in Dresden hätte, der persönlich zwischen 
12–1 in den beiden Ministerien denn nach-
sucht, er die Unterschriften gleich bekom-
men könnte. 
Die betreffenden hohen Beamten sind um 
diese Zeit da. 
Nun habe ich leider jetzt Niemand in Dresden, 
dachte dann an Sie, lieber Dr. 
Vielleicht ist Ihnen selbst oder durch Sie, da 
Sie doch gewiss Collegen, die Sie kennen, in 
den Ministerien haben, möglich, das bald 
zu erreichen, worum ich sonst lange 
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warten müsste. 
Nun will ich wünschen, dass Sie nicht viel 
Mühe deshalb haben werden, das sollte mir Leid thun.
Mir ist's ein grosser Gefalle und ich bin Ihnen 
recht dankbar, wenn Sie mir zu den Unter-
schriften verhelfen. 
Ich fürchte, in Holland geht es dann noch 
einmal los mit unterschreiben, umsomehr 
ist gut, wenn ich das Papier bald hinschicken 
kann.
Der Schein liegt bei. 
Seit ich aus Florenz zurück bin, such ich 
mich, in Berlin durchzuschlagen; war die 
Sommermonate an der Havel in Berlin 
Nähe mit einigen Schülerinnen. 
Die meisten Arbeiten aus dieser Zeit können 
Sie augenblicklich bei Arnold(2) in Dresden 
sehen. Manche davon tragen vielleicht 
etwas deutlich das „verkäuflich“ an sich – 
es war meine Absicht, da es sein mussste. – 
Im Herbst sah ich mir Holland an, viel 
für mich ganz Neues konnt ich finden. 
Jetzt hause ich in Halensee bei Berlin 
und will auch dableiben und versuchen, Fuss 
zu fassen. 
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Kolbe hat augenblicklich eine umfang-
reiche Ausstellung bei Cassirer(3).
Ich finde, dass er ein grosses Stück vorwärts ge-
kommen ist, die Arbeiten wachsen ihm 
jetzt bedeutend plastischer und reifer noch 
als im Vorjahre. Es ist sehr viel Neues 
entstanden seit Florenz. 
Ist nicht Hettner(4) jetzt in Dresden?
Ich hörte, dass er eine Ausstellung bei Rich-
ter(5) haben wollte; ist bei ihm alles richtig 
gegangen? Sie wissen ja, was es mit Rich-
ter fast immer auf sich hat. 
Ich lasse ihn schön grüssen.
Wie geht es Ihrem Söhnchen?
Mich würde es sehr freuen, wenn Sie mir 
Einiges sagen, wie es Ihnen geht, was 
Sie machen.
Für Ihre Freundlichkeit im Voraus 
vielen Dank und herzliche Grüsse 
an Sie und Ihre Frau 
von Ihrem Tuch. 
Kurfürstendamm 125 
Berlin-Halensee.
Die Kosten teilen Sie mir wohl bitte mit.