Transkription

Berlin, 3. Okt. 34.

Lieber Meister!

Lange wollte ich Ihnen schon einmal wieder einen Brief
schreiben, um für Vieles zu danken. Nun ist der
Anlass Ihr schlimmer Zustand, und ich möchte,
daß diese Zeilen helfen, den Dämon zu vertreiben!
Ich habe mit verständigen Menschen lange Gespräche
über die Anschauungen gehabt, welche Sie und wohl
auch ich über die Schönheit gültig machen. Da fand
ich oft, daß man uns zu viel Zartheit und Träumerei
vorwirft. Nach all diesen Gesprächen habe ich einsehen
müssen, daß Ihre Welt die einzig wertvolle ist.

So sehr ich auch möchte, daß meine Formen selbstän-
diger werden, so sehr möchte ich auch wünschen, die
Musik, welche Sie in die Welt setzten, fortzuführen.

Die knabenhafte Ehrfurcht vor Ihrem Werk ist seit
Italien gewichen; an ihre Stelle ist etwas getreten,
was man vielleicht mit dem Wort Treue am ehe-
sten ausdrückt.

Lassen Sie mich für Ihre geistige Freundschaft
danken, welche Sie seit fünf Jahren mir halten.

Viel Liebes und gute Besserung

Ihr
Ivo B.