Inhaltsangabe
Beucker berichtet über einen Besuch bei dem Künstler Andreas Moritz und über dessen Streit mit dem Bildhauer Günter von Scheven.
Transkription
Bln, den 23. I. 34.
Lieber Meister,
Ich war gestern morgen bei Moritz(1) und fand
ihn etwas blaß, sonst aber wie immer vor, sogar
voller Arbeitsfreude und -wärme.
Er hat den Bruch mit Scheven(2) noch
immer nicht verwunden. Ja, er scheint neuen
Groll daraus geschöpft zu haben, daß jener ihm
geliehene Gegenstände verweigerte. Diese gehörten
wohl einst Ihnen, und so war es mir, wie wenn
er Sie ein wenig mit solcher Weigerung zusammen-
brächte.
Wie immer klingt bei seinem Werk jene
trauervolle Eifersucht hindurch, welche aufgibt,
wo sie ringen sollte. „Ich will den Platz
einem andern frei machen.“
Schöne Silber- und Goldschalen zeigte er mir,
klare und edle Dinge, welche man vollendeter
schwerlich machen kann. Auch stand ein
ordentlicher Kopf da.
Es ist beinahe unmöglich, ihm klar zu
machen, daß es außer einer inneren Harmonie
zwischen zwei Menschen auch ein äußere
Form gibt. Er dichtet sich sein Leben, und
so leidet er denn an seinem eigenen Helden-
tume.
Dennoch versprach er, bald zu rufen.
Liebe Grüße
Ihr
Ivo B.