Inhaltsangabe
Transkription
D.[Dresden] 14.II.04.
Lieber Freund,
Ich habe eine ganze Reihe von Briefen von Dir vor mir lie-
gen, die noch alle unbeantwortet sind. Nimm also nun erst 
unseren herzlichen Dank für Dich und Deine Frau wegen der 
schönen Photographien, die uns große Freude gemacht haben. 
Es ist doch ein sehr erheblicher Unterschied zwischen der Photogra-
phie und dem Druck in der Zeitschrift. Meine Frau schreibt 
noch selbst. 
Um Deine Angelegenheiten habe ich mich mehrfach bemüht, 
ob freilich mit Erfolg, weiß ich nicht. Seemann(1) hat mir hat mir 
endlich doch noch 10 Abzüge gratis gegeben, aber keine kom-
pletten Hefte, sondern nur meinen Aufsatz herausgerissen. 
Nun mußte ich ihn erst heften und in einen Umschlag bringen 
lassen; das und die Schreiberei hat immerhin einige 
Tage gekostet. Nun ist alles versendet. Der Bearn(2) habe 
ich einen schönen Brief dazu geschrieben, an dem es gewiß 
nicht liegt, wenn sie nicht antwortet. Seidlitz [Seydlitz(3)], dem ich ein 
Heft gab, bedankte sich später sehr und versicherte mir sein 
regstes Interesse für Dich. Wenn er auch jetzt nichts thut, so 
nutzt er vielleicht gelegentlich. Du mußt bei diesen Leuten 
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nicht die 100fachen Anforderungen vergessen, die an sie von 
allen möglichen Künstlern gestellt wurden, und die 1000-
fachen Reinfälle, die sie erlebt haben. Ich halte es doch für 
ungerecht, da gleich von Bonzentum zu sprechen. – Eine längere 
Rede hielt mir auch Treu(4). Zunächst sagte er mir, daß er 
Hettner(5) nicht etwa juryfrei hierher eingeladen hätte – das 
könne er für die Malereien gar nicht –, sondern daß er nur 
den Bogenschützen – allein – als frei vom Schiedsrichter 
für die Ausstellung angefordert habe. Er sagte, er 
wollte bei Dir gern dasselbe thun, wenn Du, wie das 
Hettner auch gemacht hat (das weiß ich), ihm die Photogra-
phien nach Deinen plastischen Arbeiten schicken wolltest. Na-
türlich will er sie dann gleich für sein Museum behalten. 
Ich habe ihm zugesichert, das zu vermitteln und werde ihm 
gern alle, die ich habe, geben – nur nicht die mit den Wid-
mungen. Deshalb frage ich an: Kannst du die nochein-
mal schicken? Und kannst Du schon von dem Napoleon 
eine Type geben? Dann schicke das bitte und zwar 
möglichst bald. Treu kommt demnächst nach Leipzig. 
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Er hat sich Deine Atelieradresse aufgeschrieben (ist H.Str. 
No. 3 richtig?), obwohl ich nicht glaube, daß er zu Dir 
kommt, da er gar nicht dort übernachtet und also 
nur ein paar Stunden dort ist, so wäre es doch sehr gut, 
wenn er Dich mal besuchte und wird das gewiß eher 
möglich zu machen versuchen, wenn er vorher Deine 
Photos hat. Also thun, was möglich ist. 
Endlich hat mir ein Herr F. Liebeskind, dem ich ein Heft 
schickte, geschrieben, er wolle sich „Dir nützlich machen“ 
und gefragt, wie er das anfangen soll. Ich habe ihm ge-
antwortet und hoffe, er wird sich bei Dir melden. Freilich 
glaube ich nicht, daß etwas sehr erhebliches herauskommt, 
doch vielleicht ein ganz hübscher Auftrag, der mitzu-
nehmen ist. Der Mann ist reich, weiß sich aber vielleicht 
nicht recht in die Situation zu finden. Mir wäre es 
lieb, wenn du ihm entgegenkämst, soweit es eben 
richtig ist. Es ist eine Empfehlung meines Schwiegervaters. 
Hast Du übrigens noch einen Wunsch wegen der Coiurierung 
in Dresden? Die wird doch wohl ohne Einladung ge beschickt, 
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und eine Einladung kommt nur für die große Ausstell-
ung in Frage? Ich könnte leicht noch einmal mit Treu sonst 
reden. 
So also stehen unsere Dinge. Es ist nicht glänzend, aber 
mehr konnte ich nicht erwarten. Viel schlimmer ist es mit 
Tuch(6). Ich habe dem Armen nun nicht einmal zu seinen 
Bildern verholfen und mache mir Vorwürfe. Nun ist nichts 
zu ändern. Vielleicht war es richtiger, wenn er mich durch ein 
direktes Schreiben an Holst(7) und durch Vermittlung der 
Künstlerbücher unterstützt hätte. So allein konnte ich 
bei Holst nichts durchsetzen. Er war ziemlich anmaßend in 
der Sache, und ganz brechen wollte ich mit ihm auch nicht, da 
man ihn noch jahrelang gebrauchen könnte. – Tuch ist sehr 
schwer zu helfen, ich weiß nicht wie. 
Euch beiden viel Herzliches von uns.
Hermann Schmitt