Brief von Gerhard Händler an Georg Kolbe

Dr. Gerhard Händler

Halle a. S., 18. Febr. 47
Humboldtstr. 45

Sehr verehrter Herr Professor Kolbe!

Ich hoffe, daß Sie mich, sehr verehrter Herr Prof. Kolbe, von
meiner Dessauer Tätigkeit an der Anhaltischen Gemäldegalerie und von unserer
Korrespondenz wegen "Bildhauerzeichnungen(1)" (Rembrandt-Verlag) noch einiger-
maßen in Erinnerung haben. Nach mannigfachen Kriegs-, Gefangenschafts-
und Nachkriegsschicksalen bin ich jetzt in Halle ansäßig. Augen-
blicklich bin ich dabei, hier für einen aus Königsberg zugezogenen Verleger
eine private Galerie für moderne Kunst in die Wege zu leiten und ich
hoffe, daß wir ab April mit monatlichen guten Veranstaltungen an die
Öffentlichkeit treten können. Ich habe die Sache verantwortlich über-
nommen, da ich auch von Seiten der Regierung, besonders von Herrn
Rg.-Rat Mayer-Günther(2), darum gebeten wurde, und weil ich mir
aus ihr für die Kunst etwas Gutes u. Positives verspreche. Es soll
an mir nicht liegen, und ich hoffe, daß mir die Künstler das
alte Vertrauen halten.

Kürzlich sah ich mit Herrn Henning(3) – eben diesem Verleger –
die Leipziger Ausstellung. Er hatte großes Interesse an Ihren „Ringenden(4)“.
Sie waren ja wohl unverkäuflich. Darf ich Sie, sehr verehrter Herr
Prof. Kolbe, trotzdem fragen, ob vielleicht eine Möglichkeit bestünde,
sie zu erwerben? Außerdem: Könnten Sie sich entschließen, uns diese Arbeit
anschließend an Leipzig, käuflich oder unverkäuflich, für die
neue Galerie leihweise zur Verfügung zu stellen? Ich würde Sie
dort abholen lassen u. bitte Sie, gegebenen Falles nach Leipzig Bescheid
zu erteilen.

Da ich Ihre jetzige Anschrift noch nicht weiß, gestatte ich mir,
den Brief über Herrn Prof. Scheibe(5) an Sie zu senden, mit an den ich mit
ähnlichem Anliegen herantrat.

Für einen baldgef.[baldgefälligen] Bescheid wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Mit ergebenen Grüßen

Ihr
Gerhard Händler