Inhaltsangabe
Transkription
Berlin W. Regentenstr. 20 
Am 5. Febr. 07 
Lieber Freund,
ich würde Dir eher eine Antwort 
auf Deinen freundlichen Brief 
gesandt haben, wenn ich 
bestimmte Antwort hätte geben 
können. Heute ist es leider 
gewiss, dass ich nicht nach 
Dresden komme. Meine 
Ausstellung findet statt, doch 
ist die Collektion nur halb 
so gross als geplant, weshalb 
meine Gegenwart nicht un-
bedingt nötig wird. Trotzdem 
wäre ich gekommen, schon 
um Euch mal besuchen 
zu können, wenn mich 
allzuviel Arbeit nicht dauernd 
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hier festhielte.
Ich will 3 Ausstellungen dieses 
Jahr beschicken, bei allen muss 
bis Anfang April eingeliefert 
sein. Besonders für Berlin muss 
ich enorm arbeiten, da ich 
zwei grössere Sachen in Stein 
eben begonnen habe, und 
sollte ich sie mit Maas fertig 
stellen können, so würde ich 
fast stolz darauf sein. Wirklich, 
nur wenn ich alles andere 
liegen lasse, kann ich das 
Ziel vielleicht erreichen. 
Die Wintermonate brachten so viel 
Abhaltung durch Gesellschaft 
und daraus entstehende 
Verpflichtungen, auch zu grosse 
Geldkosten, sodass wir nach jeder 
Richtung hin fertig sind. 
Die Ausstellung bei Cassirer(1)
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brachte mir bessere Kritiken denn 
je, doch wurde nichts verkauft. 
Nur 2 Porträts bedeuten diesen 
Winter die einzige Einnahme 
für mich, und das ist zu wenig. 
Tschudi(2) hat allerdings die 
Kriegergruppe(3) zum Ankauf 
vorgeschlagen, und {sie} wurde auch 
von der Comission angenommen, 
nun fehlt noch die höchste 
Bestätigung; diese wird kaum 
ausbleiben, doch die Kaufsumme 
fliesst in Cassirers Casse. – 
Die Sachen, die ich zu Gutbier(4) gab, 
(bitte sieh doch bei Gelegenheit hin, ob 
{und} wie sie stehen), kennst Du alle, 
hier dagegen hatte ich grössere Torsi 
in Gyps, die wohl das reifste von 
mir sind. –
Also, lieber Freund, nun ist es 
wieder und wieder nichts geworden!
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Wie gern hätte ich mich für eine 
Nacht bei Euch angemeldet! 
Du kannst Dir aber keine Vorstellung 
von der Unregelmässigkeit unseres 
Lebens machen, besonders auch 
finanziell. Bei Dir ist alles bestimmt 
und wohl geordnet. Du hattest 
im Anfang alles, und ich muss 
jede Kleinigkeit nachholen. Kein 
Mensch hilft mir zum Kleinsten, 
alles muss ich selbst thuen. Noch, 
und so giebt es immer Wellen-
schlag. Das Ex libris finde ich 
gut, nur eben die Schrift, und dann, 
eine Linie am Hosenboden des 
rechten Mannes fehlt, könnte 
aber bei der nächsten Auflage nach-
gezogen werden. – Wenn Hirschfeld(5) 
kommt, sage ihm bitte, er möchte 
umgehend die Goethebände senden, ich 
habe seine Adresse nicht. – Von Benny(6) 
und Nora(7) viele, beste Grüsse an Euch, 
ebenso von mir – glaube mir, ich 
käme so gern mit Dir sprechen.
Immer Dein Kolbe
 
                     
                     
                     
     
    