Transkription

Regentenstr. 20, 2./X. 11

Mein lieber Schmitt,

ich bin Dir dankbar, dass Du
den Anfang nach der langen
Trennung machtest – es ging
mir doch ebenso wie Dir.
Alles schreiben ging schon
nicht mehr und deshalb hielt
ich mich d an den Postkarten-
stil – muss das auch noch
weiter tun, weil ich mich nicht
recht sammeln kann. Es
wäre wirklich das Beste, wenn
wir uns mal paar Stunden
sehen könnten, und ich will
das versuchen, vielleicht finde
ich bald einen Tag, um nach Dr.[Dresden]

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zu kommen. Es wird aber
dann kurz, sehr kurz sein.
Ein paar Stunden wollte ich
für die Ausstellung haben, ein
bis 2 St. für meine Schwester
und gegen Abend dann zu Euch
kommen. Freilich habe ich vor-
läufig noch zu viel zu erledigen.
Arbeite Fassadenplastik(1), und
das Gebiet ist voll von Überraschungen,
auch andere Dinge belästigen
mich noch –

Einen Monat sind wir
wieder in Berlin und brauchten
diese ganze Zeit, um die heftige
Abneigung gegen Deutschland’s
Kultur zu überwinden, Jetzt

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geht die Sache wieder –

Wir hatten einen herrlichen
Sommer.

Doch lassen wir das und
hoffen auf ein mündliches
Erzählen. Also darf ich mal
ganz plötzlich auftreten?
Lange vorher kann ich mich
unmöglich anmelden.

Grüsse Deine Frau u. Deinen
Jungen herzlichst von uns

Dein Georg Kolbe

Wann bist Du im Amt nachmittags fertig?

Hast Du dort Telef. u. welche Nummer?

Anmerkungen

  1. Werk Georg Kolbes, Relief Festons mit Putten für Haus Epstein in Berlin, 1911