Inhaltsangabe
Transkription
(Berlin-Charlottenburg 9, Sensburger Allee 25, J 9 Heerstrasse 4928)
11.VII 41
Mein lieber Herr Lemperle,
das war mal ein schöner und auf-
schliessender Soldaten-Brief, der vom 30.VI. 
Haben Sie vielen Dank, dass Sie so 
viel Zeit für mich aufgewendet haben. 
Ich habe mich nach dem langen, langen 
Warten ja so gefreut. Gewiss, schon seit 
Tagen wusste ich durch Ihre Frau, dass über 
Ihrem Leben ein gutes Geschick gewaltet 
hat. Und wie anschaulich war auch Ihr 
offizieller Bericht (gab ihn gleich an Ihre Frau 
weiter). Gewiss, darüber werden Sie einst 
mündlich noch ganz anders berichten 
können. Wenn das doch bald sein könnte! 
Ihre Mittelohrentzündung begrüssen wir 
alle sehr, so kommen Sie wenigstens zur 
Ruhe. Athen ist wohl ein recht geeigneter 
Ort für solchen Aufenthalt – leider mag 
allerdings Manches aus dem Museum 
verstaut sein. Auch wird die Sonne 
mächtig brennen – wogegen Sie aber nun 
immun sind. Ich kann mir lebhaft 
vorstellen, wie berechtigt Ihre Verwünsch-
ungen auf dieses doch äusserlich recht 
armselige Land ausgestossen wurden. 
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Derartige Marschleistungen in so 
vertrocknetem, wüsten Land – sie sind 
wirklich übermenschlich – schon mir 
klebten die Lefzen, damals, als ich 
doch im Schunkelauto durch diese 
Gegenden fuhr. Aber trotzdem, wie reich 
wird Ihr Erinnern einst sein. 
Inzwischen ist nun das schreckliche 
Strafgericht über die Bolschewisten herein 
gebrochen. Eine Weltkatastrophe hat 
den Anfang genommen. Brüllender, 
blutrünstiger Hass nahm freien Lauf 
und saust wie die Pest auf die Menschheit 
los. Glauben Sie, es ist recht schwer, 
taten- u. wortlos dabei zu Hause sitzen 
zu müssen. Eine Reihe guter Bekannter 
und Freunde sind im Osten eingesetzt. 
Scheven(1) natürlich an der Spitze. Man 
hört aber noch von keinem Einzel-
schicksal. 
Zum Leutenant gratuliere ich herzlich: 
das wäre auch noch schöner, wenn Sie 
länger hätten warten müssen. 
Nun wünschen wir alle, dass Sie selbst 
bald nach Hause, wenigstens in Urlaub, 
kommen können. Dann muss ich 
Sie sehen, und Sie werden immer 
noch Ihren alten getreuen Kolbe 
vorfinden. 
In aller Herzlichkeit Ihr GK