Transkription

(Prof. Dr. h. c. Georg Kolbe, Berlin-Charlottenburg 9, Sensburger Allee 25, Fernsprecher: 99 49 28)

23.XII 45

Liebe verehrte Frau Ritter, Sie haben
sehr recht, ein Aufwärts wird es so
bald nicht geben. Mir tut Ihr
Umzug in den Keller herzlich leid.
Was ist es nun wohl, worüber wir
uns freuen können mit Ausnahme
der Gesundheit? Bei mir gibt es auch
kein Vorwärts. Marcks(1) hätte Ihnen
wohl auch nicht viel von mir er-
zählen können – Er war nur einmal
und recht kurz bei mir. Hatte übrigens

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Erbsen bei sich, die angeblich für mich
sein sollten – Er aber besass so wenig
Nahrungsmittel, dass ich sie ihm überliess.
Liebe Frau Ritter, machen Sie sich bitte
keine Sorgen um mich – Neuerdings
helfen mir die Russen freundlichst.

Das Fettpäckchen kam gut an, wie ich wohl
schon meldete. Und wenn eines Tages
die Post wieder läuft u. die Rote Beete
bringt, so werde ich mich herzlich freuen.

Ich empfinde stark, dass ich alt ge-
worden bin u. die Augen quälen mich
sehr – es ist nichts dagegen zu machen.
Lassen Sie sich für das neue Jahr von Herzen
alles Gute wünschen. Stets Ihr GK

[Einfügung li. Rand]
Bald hätte ich vergessen: das Selbst-
Gebackene war ganz köstlich