Inhaltsangabe
Zur Lebens- und Arbeitssituation Henry van de Veldes in Deutschland.
Transkription
Weimar 
Elisabethstr. 
7
Lieber Herr Kolbe. 
Wieder komme ich 
zu Ihnen mit der 
gleichen Angelegenheit: 
v. d. Velde(1) ist momentan 
in einem Sanatorium 
in Königstein im 
Taunus. Heute schrieb 
er mir, daß er gerade 
vom hiesigen Minis-
terium ein Schreiben 
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erhalten habe, mit der 
Annahme seines Entlassungs-
gesuchs, welches er vor 
dem Krieg, ich weiss nicht 
mehr in welchem Monat, 
eingereicht hatte. Er 
hatte hier in letzter Zeit 
recht unangenehme 
erschwerende Dinge 
zu leiden, war körperlich 
u. seelisch sehr herunter 
u. ist nun endlich 
in einem Sanatorium 
gelandet, das ihn wieder 
aufpflegen soll an 
Leib und Seele. Der Arzt 
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des Sanatoriums, ein Dr. 
Kohnstamm, rät ihm, 
wie ich, zu einer Stellung 
in Frankfurt und meint, 
dort würde er ein 
entsprechendes Tätigkeits-
feld auch nach dem 
Krieg finden. Haben Sie 
mal mit Swarzensky(2) 
darüber geschrieben u. 
ihm die Dinge erklärt? 
Wenn nicht, könnten 
Sie es nun mal thun 
(überhaupt zur Verbreitung 
von v. d. Velde’s Freiwerden 
beitragen!) u. Swarzensky 
mitteilen, daß v. d. V. 
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gerade nahe vor 
Frankfurt ist, sie sich also 
sehen und eventuell besprechen 
könnten. V. d. V. kennt 
Swarzenskv nicht genügend, 
um, wie Dr. Kohnstamm(3) 
meinte, ihn zu bitten, 
mal zu ihm nach König-
stein zu kommen. 
Es wäre besser, Swarzensky 
bekäme durch Sie den 
Gedanken, ihn mal zu 
besuchen oder ihn zu 
bitten, mal nach Frankfurt 
zu ihm zu kommen. 
Es wäre für v. d. Velde 
momentan eine wirkliche 
Rettung aus einer tiefen 
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Melancholie von Hoffnungs-
losigkeit, in die ihn seine 
aussichtslose Lage als 
gehasster Feind in 
einem fremden Land 
gebracht hat, wenn 
er mit dem Leben, mit 
Arbeitsplänen u. einer 
Aussicht auf neues Wir-
kungsfeld wieder 
Kontakt bekäme, 
durch Anfragen od. 
Anerbieten irgendwelcher 
Art. Thun Sie bitte, 
was Sie können, lieber 
Herr Kolbe. 
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Da ich weiß, dass Sie 
v. d. V. lieben, werden 
Sie ihm sicher auch 
gerne helfen! 
Ob Swarzensky in 
Frankfurt gerade ist? 
Ich wünsche mir 
ja so sehr, dass sie 
zusammen kämen 
u. etwas Gutes daraus
 entstünde! 
Wie geht es Ihnen 
Dreien? Arbeiten 
Sie? Können Sie 
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arbeiten? Grüssen 
Sie bitte Ihre Frau 
sehr herzlich von 
mir! Walther(4) war 
gerade hier, ist heute 
nach München 
zurück, um Militärangelegenheit für unseren 
ältesten Jungen zu 
ordnen, der sich 
absolut stellen wollte. 
Nun ist er doch nicht genommen 
worden, weder 
in Berlin noch in 
Leipzig. 
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Walther hofft sehr, 
bald einmal von 
Ihnen etwas zu 
hören und grüsst 
Sie sehr. 
Bitte schreiben Sie 
nur ein Wort, ob Sie 
diesen Brief erhalten 
haben, und helfen 
Sie v. d. V., wenn 
Sie irgend können! 
Ich grüße Sie 
sehr herzlich! 
Else Lampe
 
                     
                     
                     
                     
                    