Transkription
Berlin 7 Aug. 1904.
Meine liebe Frau Schmitt.
Vor allen Dingen muß ich
Sie recht sehr um Verzeihung
bitten, daß ich Ihren lieben
Brief nach Holland noch
unbeantwortet ließ – aber ich
habe einen so sehr strengen Dienst
bei unsrer Nora(1), dass ich alle
anderen Pflichten vernachläs-
sigen muss. – In Holland
war ich nur wenige Woche,
– ich dachte, mich dort recht
erholen zu können – doch durch
Krankheit meiner Mutter
konnte ich nicht die gewünsch-
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schte Ruhe finden, und so
reisten wir dann zu den Eltern
meines Mannes. Glücklicher-
weise gingen wir so gerade der
größten Hitze aus dem Wege –
Wir dachten auch so oft an Dresden
aber wußten nicht, wie das zu
machen sei; denn mein
Mann erwähnt ja schon im
beiliegenden Briefe das Por-
trät, weshalb wir bald zurück-
fahren mußten. – Reise ist uns
allerdings nicht in den Sinn
gekommen; es wäre auch, glaube
ich, schwer gegangen, – denn für
mich ist eine Reise mit der
Kleine eine große Anstrengung.
– Aber was machen wir nun? –
Wie können wir uns mal
wiedersehen? – Würde es unmög-
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lich sein, wenn Sie beide im Herbst
mal hierher kämen? – Ich bin
so zufrieden, wieder in der notwen-
digen Ordnung zu sein mit unsrer
Nora, denn ein Kind läßt sich so
viel besser erziehen, wenn man
allein mit ihr ist. –
Mein Mann freut sich so, daß Sie
sich so um Gertrud(2) bemüht haben
– und hofft, daß Sie nur dadurch
nicht nutzlos Zeit verlieren. Ger-
trud wird Ende August wieder in
Dresden sein, und fassen Sie sie,
bitte, ja als Kind auf. – Wie
geht es jetzt Ihrem Schwesterchen?
Ist sie wieder vollständig wieder
hergestellt? – Und Sie selbst waren
auch krank? – Es that uns so
sehr leid, daß zu hören. – Trösten Sie
sich mit mir! – Ich fühle mich
fast nie vollständig gesund.
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Hoffentlich werden Sie mich nächstes
Mal nicht so lange auf einen
Brief warten lassen, wie ich es
jetzt gethan habe! – Ich freue mich
immer so sehr auf guten Nachrichten
von Ihnen beiden, – und es würde
wirklich für mich eine so seltene
Freude sein, wenn wir uns bald
wieder sprechen könnten. –
Unsrer kleinen Nora geht es gut.
Sie ist gesund und lustig. Viel-
leicht werden wir bald eine Photo
von ihr haben, und wenn Sie vielleicht
eine haben wollen, so will ich
sie Ihnen gern senden. –
Leben Sie wohl, liebe Frau Lotti –
ich hoffe herzlich, daß Sie im nächsten
Brief schreiben, daß Sie bald
nach Berlin kommen. –
Grüssen Sie Ihren Mann bestens
von mir.
Immer Ihre Benny Kolbe