Transkription
Leipzig-Connewitz 
den 26 Dez. 1903. 
Liebe Frau Schmitt,
Welch eine seltene Freude 
Sie mir bereitet haben, uns 
das Kleidchen zu arbeiten, 
werden Sie kaum ahnen. – 
Unsere kleine Noorke(1) sieht 
wundervoll drin aus. Daß 
Sie an uns dachten, freut 
mich seltsam. Seien Sie auf-
richtig, herzlichst bedankt. 
Auch Ihr Brief that mir so 
sehr wohl; dachte auch ich so 
oft an Sie und mit aufrich-
tigem Bedauern, daß wir 
uns so s wenig sprechen 
können. – Wenn es möglich wäre, 
daß wir uns durch Briefe schreiben 
nähern können, würde ich glück-
lich 
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sein. Es wäre herrlich, wenn wir 
einen Sommer mal einige 
Zeit zusammen sein könnten. – 
Sie haben gewiß schöne Weihnachts-
tage verlebt. – Auch wir waren 
sehr glücklich mit unsrer Noorke 
– wir hatten ein kleines Christ-
bäumchen für sie gemacht. – Die 
Lichter fand sie so schön – sie war 
fortwährend in einer Extase! – 
Wie groß das Glück ist, daß wir 
sie haben, ist unaussprechlich. – 
Jeden Tag wird sie verständiger – und 
die schöne Zeit ist nun auch 
da, {wo} sie selbst anfängt, lieb 
zu haben – Wenn ich nur einen 
Moment aus dem Zimmer 
war, oder wenn sie wach wird 
und sie sieht mich, dann 
lacht sie, aber wissen Sie, 
so schön, so bewußt glücklich, 
so lieb, – daß das ist wirklich 
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herrlich. Auch wenn mein Mann 
abends heim kommt aus dem 
Atelier und sie hört seine Stimme, 
wenn er sie ruft, dann stößt 
sie große Freudeschreie{töne} aus. – 
Sie ist gesund und fröhlich, 
und das ist eine große 
Sorge weniger für uns, was Sie 
gewiß mitfühlen werden. – 
Meine Eltern waren sehr glück-
lich, als sie unsre Noorke wieder 
sahen – es ist recht schön, daß sie 
diese Zeit bei uns sind. – Sie 
sind natürlich sehr glücklich, 
Ihre Mutter immer bei sich zu 
haben – es ist eine [sic] große Unter-
schied, sie bei sich zu haben 
oder weit fort. – Danken Sie Ihrer 
Frau Mutter vielmals für 
ihren Gruß, – hoffentlich werde 
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ich sie bald kennen lernen.
– Mit the Book of Job sind wir 
sehr glücklich – es ist selten schön. 
Danken Sie auch Ihrem Mann recht 
herzlich von mir. – So bald ich 
wieder Zeit habe, schreibe ich Ihnen 
wieder; – die Kleine ruft mich! 
Hoffentlich höre ich auch bald 
wieder etwas von Ihnen – damit 
wir immer besser uns verstehen 
lernen – (Verzeihen Sie mir bitte 
die Fehler, – mein Mann ist nicht 
da, heute und morgen ist er in 
Waldheim, und ich will so schnell 
wie möglich diesen [Brief] Ihnen senden.) 
Grüssen Sie Ihren Mann bestens 
von mir und glauben Sie 
mir. Ihre 
Benny Kolbe – Van der 
Meer de Walcheren. 
Noch vielen Dank für den guten Rat, 
wie das Kleidchen zu waschen! –