Transkription

Barstr. 51, 16.Dez.[1945]

Lieber Kolbe!

Mein Brief war natürlich vor
unserer Unterredung geschrieben.
Somit wäre ja alles in Blei gewesen,
eine ev. Attacke hätte man wohl
abwehren können.

Nun aber wissen die Leute, ich
und die anderen haben es nicht
gewusst, dass Sie für -zich tausend
Mark einen oder mehrere von den
Schweinehunden(1)
portraitiert haben.
Das ist nun wesentlich gravierender
und peinlicher, denn es lässt
sich mit Recht sagen, Sie sind
den anderen, uns anderen, in
den Rücken gefallen, denn mit
Kolbe gingen die Herrschaften ja
dann hausieren.

Ich verstehe einen Menschen, der
nicht nein sagen kann, denn ich
gehöre selbst mehr oder weniger
dazu, aber das hat natürlich
Grenzen. Für mich persönlich
ist ja entscheidend, dass Sie, im
Gegensatz etwa zu dem Schweinehund

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Nolde(2), innerlich nicht dazugehörten,
aber die heutige Öffentlichkeit denkt
vielleicht anders.

Im übrigen glaube ich dennoch nicht,
dass irgend ein Angriff erfolgt, jedenfalls
können Sie ihn abwarten und bez. [bezüglich]
unserer Abmachungen bleibt alles
beim alten.

Mit dem Etat für die Schule(3) sieht
es allerdings so aus, dass ich den
Herrschaften wohl bald werde
sagen müssen – macht den Laden
zu, wenn Ihr keine dafür kein
Geld habt.

Beste Grüsse

Ihr Hofer

Anmerkungen

  1. Georg Kolbe porträtierte 1938 den spanischen Diktator Francisco Franco und 1942 den Leiter des Reichsarbeitsdienstes (RAD) Konstantin Hierl.

  2. Nolde, Emil (7.8.1867, Kreis Tondern, Provinz Schleswig-Holstein – 13.4.1956, Seebüll), Maler

    http://d-nb.info/gnd/118588494
  3. Carl Hofer war nach dem Krieg am Aufbau der Hochschule für Bildende Künste in Berlin beteiligt, deren Direktor er seit Juli 1945 war.

    http://d-nb.info/gnd/2012222-6