Inhaltsangabe
Dank für Erhalt des "Porträts Marguerite v. Kühlmann" von Georg Kolbe als Weihnachtgeschenk an den Ehemann. Kühlmann zitiert Fritz Wichert, der zu Besuch sei und die Bronze gern für sein Museum hätte. Zustimmung einen möglichen zweiten Guss anfertigen zu lassen. Bitte auch ihren Ehemann den Diplomaten Richard von Kühlmann zu porträtieren [ausgeführt 1917].
Transkription
Haag, 30. Nov. 1915.
Lieber Herr Kolbe,
Gestern war der grosse Tag. 
Der Kopf(1) ist angekommen! 
– Eben geht Wichert(2) von 
mir – sehr bewegt – und 
meinte – das möchte 
ich gleich für mein Museum 
haben! Er lässt ihnen 
sagen – wie begeistert 
er ist. 
Ich habe eigentlich gestern
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nichts getan – nichts anderes 
tun und denken können – 
u. kaum hatte ich das 
Zimmer – in dem sich 
das Heiligtum befand – 
verlassen – so zog es mich 
nach kürzester Zeit – wieder 
magnetisch dorthin zurück. 
Gehörten nicht Herkules-
kräfte dazu – dieses Meister-
werk zu bewegen – so hätte 
ich es sicherlich unauf-
hörlich herum getragen. – 
Was {für} mich besonders angenehm 
und ein Beweis für die Grösse 
und Kraft des Kunstwerks, 
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dass ich es rein als solches 
geniessen kann – ohne dabei 
an mich denken zu müssen! 
Dabei sind Verständige wie 
Unverständige von der 
Ähnlichkeit sehr beeindruckt. 
Was wird mein Mann(3) sagen! 
Sie werden verstehen – dass 
es nicht leicht ist – dies 
noch 4 Wochen zu verstecken. 
Man hat das Gefühl – so 
etwas ist nicht zu verstecken 
und kommt sonst 
plötzlich {von} selbst hervor! – 
Wie schön ist die Welt – 
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auf der man noch so etwas 
„erleben“ darf! – – 
– Mein einziger Wunsch nun 
ist – dass sich Zeit, Gelegenheit 
mit Ihrem Einverständniss 
vereinigen – und Sie auch 
meinen Mann einmal 
machen werden. 
Wie schön wäre dies z. B. 
nach einem nicht zu fernen 
Frieden – diesen Sommer 
in Ohlstadt!! 
Was nun einen mehr 
geschäftlichen Teil – nämlich 
das „Besitzerrecht“ dieses 
Werkes anbelangt, (an das mich Wichert 
erinnerte), 
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wäre ich Ihnen dankbar, 
wenn Sie einmal 
gelegentlich diesbezüglich 
Ihre Wünsche äusserten. 
Ich könnte mir denken, dass 
Sie selbst gerne einen zweiten 
Abguss besässen für Ausstellungs-
zwecke – womit ich auch 
sehr einverstanden wäre – 
und eventuell auch die 
Kosten der Ausstellung tragen 
würde – mit der Bedingung, 
eventuell, dass er später 
auch in unseren Besitz 
überginge – oder jedenfalls 
erst nach Übereinkunft mit 
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uns – von Ihnen anderweitig 
verkauft werden könnte.
Wäre das ungefähr mit 
Ihren Ansichten auch über-
einstimmend – oder 
wie würden Sie sich diese 
Angelegenheit denken – oder 
es Ihnen am Liebsten sein? 
– Dann möchte ich Sie 
fragen, ob ich noch einige 
Abzüge von den ausgezeichneten 
fotografischen Aufnahmen 
haben könnte? Könnten 
Sie mir dieselben bestellen 
u. die Rechnung schicken 
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lassen – ebenso mich wissen 
lassen, was ich dem alten 
Männlein für die Hand(4) 
schulde? 
Ich wäre Ihnen sehr dankbar 
für beides. 
Nun kann ich Ihnen 
nichts Weiteres sagen – 
als – dass Sie mich sehr 
glücklich gemacht haben! – 
und Sie mit Ihrer 
Gattin herzlichst grüsse – 
Marguerite Kühlmann Stumm