Transkription

Berlin, 12.6.22

Verehrter Herr Kolbe –

Zu meinem großen
Leidwesen muß ich heute die Über-
bringerin einer betrüblichen
Nachricht sein. Gern hätte ich Sie
mündlich gesprochen. Doch wurde
mir telefonisch von Ihrer Rückkehr
erst am Mittwoch gesprochen.
Ich muß Berlin schon morgen ver-
lassen, um meine Nauheimer Kur
zu beginnen.

Mein Mann bittet Sie nämlich
durch mich, Ihren Besuch in Rom,
auf den er sich schon herzlich gefreut
hatte, auf nächstes Jahr zu ver-

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schieben. Das A.[Auswärtige] Amt schickte ihm nämlich
einen Baumeister, der dieser Tage feststellte,
daß die Villa Bonaparte(1) derartig baufällig
sei, daß sie umgehend mit Ketten umlegt
u. gefestigt werden müsse – sonst übernähme
er keine Verantwortung – Wir sind
außer uns über dieses Projekt, das eine
große Schmutzerei, Ausräumen u. 3monatiges
mauern zur Folge hat, sodaß mein
armer Mann sogar am 15. Juli schon die
Villa verlassen muß.

Besonders traurig aber sind wir,
Ihnen, lieber Herr Kolbe, für dieses Jahr
absagen zu müssen – doch hoffen wir
ganz bestimmt, daß Sie uns im
nächsten Sommer nicht vergessen
werden!

Mit herzlichen Grüßen

die auch m.[mein] Mann mich bittet, Ihnen
u. den Ihrigen zu übermitteln,
bin ich Ihre aufrichtig ergebene
Vera Bergen

Anmerkungen

  1. Villa Bonaparte, Rom, seit 1950 Sitz der französischen Botschaftt beim Heiligen Stuhl, bis 1944 Sitz der Deutschen Botschaft beim heiligen Stuhl, Amtssitz von Diego von Bergen (von 1920 – 1943 Botschafter des Deutschen Reichs beim Heiligen Stuhl)