Transkription

14 [eingekreist]

Offenhausen
Kr. Münsingen,
Württembg.

d. 16. 11. 46.

Lieber Kolbe,

Schlimm habe ich mir das
Ende vorgestellt, aber die Wirk-
lichkeit übertrifft alles. Be-
kannte, die ich in München und
an anderen Orten traff, konnten
mir ungefähr erzählen, wie
es Ihnen geht. Wir sind auch
noch unter den Überlebenden.
Sie denken sicher, wir hätten
den Krieg in Ruhe überstanden.
Dies war aber leider nicht so.

Dieser Kerl, von dem ich hier

Seite 2

Haus u. Atelier möbeliert gemietet
hatte, hat einen Bericht über mich
bei der Gestapo eingereicht. Denken
Sie sich aus, wenn alles, was Sie
über Reichkulturkammer, die
Nazis, Hitler u. s. w. ausgesprochen
haben, als Bericht an die Ge-
stapo gegangen wären. So
erging es mir. – Ich wurde
daraufhin unter Polizeiaufsicht
gestellt, mit meiner Frau musste
ich {das} Atelierhaus räumen, und
später wurde ich verhaftet.
Was wir ausgestanden haben,
werden Sie sich denken können.

– Ich freue mich, dass Sie
den Krieg überstanden haben. –

In Berlin ist unsere Wohnung
vernichtet. Wir können so vorläufig
kaum zurück.

[Einfügung Seitenrand links, senkrecht]
Mit den herzlichsten Wünschen und Grüssen von mir
und meiner Frau Ihr
Philipp Harth.