Transkription

Bremen, 22. März 22.

Sehr geehrter Herr Professor,

Ich möchte Ihnen meinen herzlichsten
Dank sagen für das wundervolle
Werk(1), das Sie für uns geschaffen
haben. Es liegt so viel Losgelöstsein
vom Irdischen u. so viel Hingabe an
das Göttliche in dieser jugendlichen
Gestalt, daß es ergreifend ist.

Unsere zweite Tochter wurde am Sonn-
tag confirmiert u. der Pastor, der uns
besuchte, war hingerissen von der Ver-
körperung des Glaubens, die er
in dem Mädchen sah. Für mich
ist es die Sehnsucht nach dem Licht:
doch unser aller Heimat bleibt
das Licht, zu dem wir kehren
auf gewundnen Wegen.

Seite 2

Ich bin glücklich, dieses Denkmal aus
Ihrer Hand von unserm Kinde zu
besitzen. Seinen großen künstlerischen
Wert werden beredtere Zungen
preisen; ich möchte Ihnen nur zum
Ausdruck bringen, wie dankbar ich
Ihnen bin, daß Sie sich in unsere
Gefühle so hineingelebt und unseren
Gedanken in so verklärter Weise
eine Form gegeben haben.

Es grüßt Sie herzlich, sehr verehrter
Herr Professor,

Ihre ergebene
Martha Strube

Seite 3

[Rückseitig mit Bleistift von Maria von Tiesenhausen zugefügt]

Gedächtnisfigur für ein
junges Mädchen, in den
Bergen abgestürzt.
Aufgestellt im Garten der Eltern. –

MvT.

Anmerkungen

  1. Werk Georg Kolbes, Gedächtnisfigur für ein junges Mädchen, 1921/22, Bronze