Transkription

Berlin d. 12.V.21.

Sehr geehrter Herr Professor,

vor ungefähr 4 Wochen er-
schienen wir hilfesuchend
in Ihrem Atelier. Sie hatten
und freundlich angehört und
uns dann getröstet ent-
lassen. Ich darf nicht an-
nehmen, dass Sie sich noch
dieses Vorfalls entsinnen,
in mir jedoch ist er wirk-

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sam geblieben und immer wie-
der entsteht bei mir der Wunsch,
Ihnen irgendwie zu danken.

Die Überzeugung gewinnen
zu können, dass neben allem
Zufälligen und Unzulänglichen
etwas da ist, das absolute
Gültigkeit {hat}, ist geradezu be-
glückend, besonders dann,
wenn das Erfahren von jenem
Unzulänglichen alles andere

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zu ersticken droht.

Der Besuch in Ihrem Atelier
hat mir so grosse Freude
gemacht. Ich habe Ihre Ar-
beiten sehen dürfen und er-
fahren, wie Sie Ihnen fremden
Menschen entgegenkommen
und sich ganz auf eine Sache
einstellen. Dieses alles, Ihre
Arbeiten und das Wesen
Ihrer Persönlichkeit haben

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in mir wieder den Glauben ge-
weckt, dass das Vernünftige, das
auch das Gute und Schöne ist,
existiert und immer wieder
erfahrbar werden kann.

Das habe ich Ihnen gerne
sagen wollen.

Ihre Ihnen in Dankbarkeit
verbundene
Magdalene Müller.