Transkription

(Kestner-Gesellschaft, Vereinigung zur Pflege zeitgenössischer Kunst)

Herrn Prof. Georg Kolbe
Berlin-Charlottenburg 9
Sensburgerallee 25

(Hannover, den) 29.10.35

Sehr verehrter Herr Prof. Kolbe!

Zu Ihrer Orientierung möchte ich
Ihnen folgendes mitteilen. In Hanno-
ver wird z. Zt. ein großer künstlicher
See angelegt, an dessen einem Ende
ein Pfeiler als Richtpunkt und Schmuck
geplant ist, der als Krönung eine Fi-
gur tragen soll. Der Stadtbaurat(1),
der ein geringes Verhältnis
zu moderner bildender Kunst hat,
[Fragezeichen von GK in Rotstift], z. B. die Schenkung [rot unterstrichen] Ihrer Figur seiner-
zeit nicht annehmen wollte, weil
er glaubte, das Geld für andere,
ihm genehmere Zwecke erlangen
zu können, was nur durch die Festig-
keit des Schenkers und das Ein-
greifen des Oberbürgermei-
sters unterblieb, hat sich irgend-
einen ihm bequemen Bildhauer

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ausgesucht und von dem das Mo-
dell machen lassen. Da Senator Bein-
dorff(2)
, derselbe, der seinerzeit Ihre
Figur kaufte, aber die Sache bezah-
len soll, ergab sich eine Möglich-
keit, einzugreifen. Herr Seiffert-
Wattenberg(3)
hatte mich über den
bisherigen Verlauf orientiert.
Ich besprach nun die Sache mit unse-
rem Vorsitzenden Herrn Fritz
Beindorff und schlug ihm vor, durch
Ausschreibung eines beschränkten
Wettbewerbes die Möglichkeit
zu schaffen, ein wirklich gutes
Werk nach Hannover zu bringen.
Ich schlug ihm vor, an auswärtigen
Sie und Marcks(4) einzuladen. Er
nahm das auf, so daß voraussicht-
lich zwei Hannoveraner (Scheuern-
stuhl(5)
und Waterbeck(6)), Sie, Marcks
und der vom Stadtbaurat vor-
geschlagene Mann, im ganzen
also 5 aufgefordert werden.
Beindorff wird seinen Einfluß
bestimmt so geltend machen,
daß nach künstlerischem Wert und
nicht nach Bequemlichkeit ent-
schieden wird. – Ich bitte Sie, meine
Mitteilungen, soweit Sie Ihnen
nicht auch von offizieller Seite

[Einfügung linker Seitenrand]
zukommen, vertraulich behandeln zu wollen.
Mit freundlichem Gruß
Ihr sehr ergebener Bier