Transkription

1.12.32.

Lieber Herr Kolbe!

Nach langer Zeit erlaube
ich mir wieder einmal, ein paar
Zeilen an Sie zu richten und
zwar möchte ich mir gestatten,
zu gleicher Zeit ein paar Zeich-
nungen beizufügen, die Ihrem
hochgeschätzten Urteil unter-
breiten zu dürfen ich erbitte.

Ich war all die Jahre hindurch
in einer Fabrik tätig, als „Maler“
zwar, doch fern jeder „Kunst“, un-
ter welchem Gesichtspunkt ich die
„opera“ zu bewerten bitte.

Es erübrigt sich, Ihnen gegenüber,

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auf die Mängel hinzuweisen, die
denselben anhaften, ebenso wie
auf das, was damit angestrebt wird.

Lieber Herr Kolbe, der Hauptzweck
meiner Zeilen ist ja wohl der,
einen Anlaß zu haben, Ihnen über-
haupt wieder einmal schreiben zu
dürfen, die Ehre und Freude, die
Sie mir durch die frdl.[freundliche] Beantwortung
meiner Zeilen bereiten würden, wäre
mir Lohn und Dank genug, womit
nicht im mindesten der Wert und
die Bedeutung, die ich Ihrem hoch-
geschätzten Urteil beimesse, herab-
gedrückt werden soll.

Also, lieber Herr Kolbe, ich darf

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wohl hoffen! Da keine Möglichkeit
für mich besteht, wieder einmal nach
Berlin zu meinen Verwandten zu kommen,
muß ich wohl diesen Weg einschla-
gen, was ich auch insofern bedaure,
als ich Sie um die Mühewaltung er-
suchen muß, mir die Sachen nach frdl.
Durchsicht gefl. [geflissentlich] wieder zukommen zu
lassen zu wollen.

Indem ich Sie im Voraus meines
ehrerbietigsten Dankes versichere,

verbleibe ich Ich
Sehr ergebener
Jakob Renck

Offenbach a/Main
Kaiserstraße
88 I

Bitte wenden!

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P.S. Ich weiß nämlich mit
den Sachen, die ich übrigens
noch Niemand gezeigt habe,
eigentlich nichts Rechtes
anzufangen (ich zeige Ih-
nen, notabene, hier nur „un-
bekleidete“, da Ihrem Vor-
stellungskreis am nächsten
stehend), und doch komme ich
in meiner freien Zeit immer
wieder darauf zurück. Viel-
leicht wissen Sie mir, lie-
ber Herr College (wenn ich Sie
„noch“ so nennen darf) einen
guten Rat, wofür [ich] Ihnen eben-
falls sehr dankbar wäre.

Ihr

d. O.