Transkription

D'dorf-Oberkassel, 12. Okt. 33

Lieber Meister!

Aus der Erholung ist bisher nicht
viel geworden. Samstag und Sonntag
fuhren wir nach Frankfurt, ledig-
lich, um die Zeit mit Essen
und Trinken im Kreise der Ver-
wandtschaft zu verbringen. Des-
wegen hatte ich am Montag einen
verdorbenen Magen! Die neuen
Autostrassen (Bonn – Köln) sind
die festen Erziehungsmittel zur
völligen Verblödung der Menschen.

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Dienstag kam der Brief von
Breuhaus(1), der ja über Sie geleitet
wurde. Ich rief in Berlin an
und bat in Abwesenheit der zustän-
digen Leute um nähere, schriftliche
Erklärungen. Mittwoch musste ich
mit einem Gipsformer nach Hamm,
um eine Totenmaske abzunehmen.

Das erste Mal!

Da hat mir Ihr Geleitwort im

„Ewigen Antlitz“ gute Diente getan.
Ich hab' mich doch schwer zusam-
mennehmen müssen.

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Wir haben den Kopf, soweit es ging,
mitgenommenformt. Es ist gut geworden.
Im Grunde wird ja solch ein ge-
wesener Mensch für unsere Formarbeit
nur ein Gegenstand. Anders darf
man es wohl nicht ansehen.

Das war ein wesentlicher neuer
Abschnitt. –

Heute sprach ich mit dem Direktor
des Kunstvereins, der ein lieber,
cultivierter Mann ist. Im Früh-
jahr will er mir einen Saal
zur Verfügung stellen.

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Fast alle Freunde wurden
durch die Umwälzungen in
andere Lebensbereiche geworfen.
Da bei allen guter Wille, aber
keine Klarheit ist, so werde
ich aus ihnen nicht recht klug.

Wir selbst sind wohl viel tiefer
in unwandelbareren Dinge[n] ver-
wurzelt, als dass wir nach
aussen uns sehr verändern könnten.

Mit lieben Grüssen

Ihr
Ivo.

Anmerkungen

  1. Breuhaus de Groot, Fritz August (9.2.1883, Solingen – 2.12.1960, Rodenkirchen-Hahnwald), Architekt, Designer, Mitglied des Deutschen Werkbundes.

    http://d-nb.info/gnd/120909022