Transkription

Lieber Freund, nicht als ob ich etwas vor mir hätte, das mich irgend befriedigte, sondern um
mein Versprechen einzulösen, schicke ich dir mein Manuskript, über das Du nun verfügen kannst.

Die Freundschaft freilich allein kann nun das Talent, flüssig zu schreiben, nicht ersetzen.

Du hättest gewiß besser gethan, Dich an einen Mann zu wenden, der mit der Feder gewandter ist als
ich, wenn ich auch mit ein paar Stellen in dem, was ich schicke, einverstanden bin, so ist doch das
Ganze schleppend, schwerfällig und noch voll Phrasen, die nichts besagen wollen. Ich könnte mir
denken, daß ich mich dessen beim Wiederlesen gerade so schämen würde wie des ersten Manuskripts,
das nun glücklicherweise nicht gedruckt ist. Was in meinen Kräften stand, ist geschehen. Ich
aber wollte Dir nutzen und fürchte, nichts zu erreichen. Ich hatte mir von vorn herein wirklich mehr
zugetraut.

Um Dir zu zeigen, wie ich daran herumgedruckst habe, schicke ich Dir die mit roten Kreuzen bezeich-
neten Blätter mit, die ich mir einmal als abzudruckende Einleitung in meiner Besprechung dachte.
Es ist aber, so wie die Sache nun geworden ist, ganz unbrauchbar, und wird also natürlich
nicht gedruckt.

Viel ist es nicht geworden. Ich denke etwa 300 – 350 Zeilen, und das macht für das Format
der Zeitschrift für bildende Kunst kaum 3 Seiten aus! Ein Extraheft ist da wohl ganz ausge-
schlossen.

Wenn die Sache gedruckt wird, so muß ich jedenfalls den Correkturbogen selbst lesen.

Seite 2

Das mußt du mir bei Seemann(1) ausbedingen. Sollte Seemann Honorar zahlen, so nimm es ja
an und lasse [es]Tuch irgendwie zukommen, vielleicht als erhöhtes Honorar für das Exlibris oder
wie. Wie war er wohl mit seiner Dresdner Expedition zufrieden?

Für heute nur einen Gruß, da die Zeit drängt, an Dich und die Deinen von mir und
der Frau.

H.S.

?20.12.03? [Datum von anderer Hand zugefügt]

Anmerkungen

  1. Seemann, Artur (30.11.1861, Reudnitz bei Leipzig – 23.12.1925, Meran) übernahm 1899 den Verlag seines Vaters Ernst Arthur Seemann. Herausgeber der Zeitschrift für bildende Kunst, in der 1904 ein wichtiger Beitrag von Hermann Schmitt über den jungen Kolbe erschien.

    http://d-nb.info/gnd/107458055