Transkription

(Hamburg- Grossflottbek, Zickzackweg 20/22)
14. November 1946.

Sehr verehrter lieber Herr Kolbe!

Eine Nachricht, die ich in der „Neuen Zeitung“
München über Ihr Schaffen am Beethoven-
denkmal(1)
lasen (?), gibt mir Anstoß, Ihnen
meinen Gruß zu senden u. meinen herz-
lichen Dank für Ihren nun schon Monate
zurückliegenden Gruß aus dem Sommer,
mit dem Sie mich damals ganz besonders
erfreut haben.

Mit großer Freude las ich damals aus
Ihrer Karte, daß es Ihnen gesundheitlich
leidlich befriedigend geht. Hoffentlich macht
Ihnen Ihr Lungenleiden nicht allzu viel
zu schaffen u. hindert Sie nicht, das zu tun,
was getan werden muss. Nehmen Sie
allen, meine herzlichen Wünsche dafür.

Von hier u. mir kann ich im Allgemeinen
Gutes sagen. Ich versuche, das weniger Gute
nicht zu sehen u. das seltenere, besonders
Gute doppelt zu achten. So haben die
kleinen Freuden des Lohnes doppelten
Wert. – Zu dem, was übersehen werden
muß, gehören auch viel Dunst u. Rauch
auf dem Gebiet, was sich schlechthin
„Kunst“ nennt. Das ist oft scheußlich und

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tut weh. Aber auch das wird sich verziehen,
wenn der Wind wieder gesund bläst u.
bleiben wird das, was aus rechtem
Grund wächst.

Ein Päckchen gute Hamburger
Cigaretten erlaubte ich mir, abzufertigen
u. dabei den Wunsch anzufügen, daß
es gut zu Ihnen kommen u. seine
Aufgabe erfülle.

Haben Sie einmal wieder ein Foto,
evtl. gar von Ihrem Beethovendenkmal,
wäre das einen besondere Freude für mich.

Nehmen Sie, sehr verehrter Herr Kolbe, alle
meine aufrichtigen u. herzlichen Wünsche
für Sie.

Ihr Hermann F. Reemtsma.

Anmerkungen

  1. Werk Georg Kolbes, Beethoven-Denkmal für Frankfurt am Main, Bronze, eingeweiht 1951