Transkription

Lieber Kolbe!

Ich möchte Ihnen heute einen häßlichen Antrag machen: Könnten
Sie mir bis Weihnachten 2000 M borgen? Ich sitze augenblicklich
Tief in der Patsche – einige Ankäufe, auf die ich fest rechnen zu
können glaubte, sind zurückgezogen worden. Ich habe daraufhin
schon einige Schulden bei Noack(1) und Gobes(2) gemacht. Jetzt, wo
ich die bezahlt habe, dringt die Bank plötzlich auf Zahlung. Ich
müßte meine paar tausend M. Papiere jetzt abstoßen, wo sie nichts
wert sind, um die Bank zu befriedigen.

Um Weihnachten herum erwarte ich aus Essen Geld. Ich kann
da aber jetzt nicht um Vorschuß bitten, weil man mich zwingen
wollte, im Herbst fertig zu sein (was ich aber ablehnte, weil ich die Ar-
beit noch garnicht übersehen kann).

Zum Überfluß sitzt mir die Steuer auf dem Hals, Nachtrag 30
und Vorschuß 31. Dies alles, nachdem ich neulich zu hoffen be-
gann, aus dem Dalles rauszukommen. Von meinen Aus-
stellungen habe ich nur Kistenrechungen und Bruch.

Vielleicht sind Sie aber garnicht in der Lage, mir zu helfen.
Dann verzeihen Sie diese meine Vertrauenskundgebung – Sie
haben mir schon einmal geholfen.

Von Scheibe(3) hörte ich, daß Sie nach Griechenland wollen. Ich
habe ihm unsre Erfahrungen mitgeteilt. Dazu eine Empfehlung
an Prof. Karo(4) vom archäolog. Institut in Athen, das Ihnen
in allen Lagen gern helfen wird. Er ist eine Art Berühmtheit
in Hellas.

Ende August komme ich durch Berlin und will versuchen, Sie
zu treffen?

Ihr
G. Marcks

Niehagen b/Wustrow
Mecklenburg 4.VIII.31