Transkription

(Prof. Dr. h. c. Georg Kolbe, Berlin-Charlottenburg 9, Sensburger Allee 25, J9 Heerstrasse 4928)

2.III 45

Beste Julia, gestern kam ein
Wagen vorgefahren, u. es wurde mir
vom Fahrer Ihre beglückende Stärkung
mit den lieben Zeilen von Ihnen über-
reicht. Welch eine gute seltene Über-
raschung in dieser Hölle! So schnell
müsste man sich öfter einen Gruss geben
können. Zu erzählen brauche ich von hier
nichts – von den täglichen Angriffen lesen
Sie i. d. Zeitung – es ist wie bei Ihnen, treten
diese i. m. [in meiner] Nähe auf – so geht noch immer
viel zu Bruch i. der Ruine. Gott sei Dank
verpflegt mich die Margrit Schwartzkopff(1)

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sonst wäre mein Hiersein unmöglich.
Der Dreck ist unvorstellbar. Und doch fühle
ich mich besser am Platze als i. H. [in Hierlshagen]. Ist es
doch heimischer Boden! es wird darum
gekämpft u. geschuftet. Alles andere ist
Schicksal. Komme, was kommen muss.

Dresden ist weg – m. Bruder mit Familie lebt –
(lebte?) dort. Kein Wort dringt zu mir.
Gut, dass Sie Ihre ältere Schwester wieder
bei sich haben. – Dass all m. Hab u. Gut in
H.[Hierlshagen] liegen blieben, sagte ich wohl schon. Es
beleidigt mich mehr, als dass ich um Verlust
traure. Was soll ich alter Mann auch mit
dem Zeug? – Lassen Sie sich im Geiste herzlich
umarmen. Vielen innigen Dank für alle liebe
Freundschaft. Immer getreu Ihr Georg K.

[Briefumschlag]

[Absenderaufdruck handschriftlich verbessert]

Prof. Georg Kolbe, Berlin W. 10, von der Heydt Str. 7)

Berlin Chbg 9
Sensburgerallee 25

Anmerkungen

  1. Schwartzkopff, Margrit (20.7.1903, Groß-Licherfelde (heute Berlin) – 7.7.1969, Berlin), Fotografin. Margrit Schwartzkopff war die langjährige Fotografin von Georg Kolbe, später auch dessen Sekretärin und Nachlassverwalterin.

    http://d-nb.info/gnd/1155421825