Transkription

Leipzig den 28./6.1903.

Connewitz – Königstr. 12

Lieber Schmitt!

Also in wenigen Wochen sehen wir
uns wieder, bleibt es dabei! Das
erfüllt mich wirklich mit großer Freude. –

Was und wie Du alles bestimmst,
soll mir recht sein. Vor dem
22./7. lasse ich Dich aber nicht mehr
fort – Doch sag einmal, wie
denkst Du Dir das „Wandern“? sind
etwa große Schuhe nötig? wie machst
Du das mit dem Gepäck? Ich denke,
gar zu Turnermäßig wandern
wir doch nicht. Du könntest Dich darüber
noch einmal aussprechen –

Also am 14. 7. abends darf ich Dich
erwarten, wohl gegen 6 Uhr?

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Eigentlich ist mir der Tag noch etwas
zu früh; wegen meiner Schwester,
weißt Du, welche wohl erst am 16.
frei wird. Meine Frau soll aber
auch nicht ohne mich zurückbleiben.
Vielleicht lässt sich das aber einrichten.
Ich verstehe, daß Du gleich fort willst,
wenn Du frei bekommst.
Aber höre, Du willst doch nicht gleich
noch am selben Abend weiter
reisen? Ich möchte Dich gern noch einmal
im Atelier sehen – Wenn Du Dienstag
nach hier kommst, könnte meine
Frau auch mit Leonore am Mittwoch
früh 12 6,12 abreisen und wir dann
11,22. Ich wäre auch gern einmal
vorher ausgestiegen, etwa in Weimar

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oder Eisenach. Wie denkst Du darüber?
Meine Frau hätte es natürlich gern,
wenn wir bis Bebra zusammen
reisen könnten, das ist aber auch
schwierig, sie soll Damenabteilung fahren.
Na, das ist jetzt alles noch gleich –
Komm nur, dass wir zusammen
wandern! –

Dein Bruder war schon mehrere Male
bei mir, und ich freue mich wirklich,
wenn er kommt. Ich finde so viel
Ähnlichkeit mit Dir in ihm, wie ich
das nie geahnt hätte. Er frug Dich
nochmals für mich nach Hirschfeld(1)’s Adresse
Rhesa-st. 5? Ich getraue mir die
Bücher so nicht, wegzusenden – bitte
gieb Deinem Bruder oder mir das die Sache

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nochmals an.

Ich höre auch, dass es Deiner Frau gut
geht. Das ist sehr schön, grüße sie herzlichst
von uns. Ihr werdet nun doch
noch auf dem Land froh freie Zeiten
genießen können. Du möchtest wohl
nun schon eher als 22. von mir
fortgehen? aber da wird nichts daraus –
denke, daß ich das gleiche Opfer bringe.

Richter(2) war nicht bei mir – der äußerste
Monat ist Januar – übrigens habe ich
auch Rückfracht zu beanspruchen –
falls die Sendung an mich zurückgeht.
Die beiden größeren Bilder ohne Rahmen sind
1,90 : 140 + 170 : 130, also garnicht groß.
Willst Du nochmals hingehen? Du bist
sehr gütig. Es wäre doch auch gut, wenn mehr
daraus wird. Lebe wohl, lieber Freund.

Auf Dein Kommen freut sich ganz außerordentlich

Dein Kolbe

Anmerkungen

  1. Hirschfeld, Werner (28.2.1882, Königsberg – 1914, gefallen), Dr. phil., Kunsthistoriker, aus dem Freundeskreis Georg Kolbes

     http://d-nb.info/gnd/116914343
  2. Kunstsalon Emil Richter, Dresden, gegr. 1848