Inhaltsangabe
Transkription
10. XII 04
Lieber Freund!
Dieser Tage kam Derleth(1)’s Buch an 
die Öffentlichkeit, und ich werde es 
nächstens an Dich absenden, falls Du 
die Kleinigkeit nicht ausschlägst. 
Ich kann mir nicht denken, daß Du 
von dieser Schreiberei viel halten wirst, 
im neuen Testament stehen die Sachen 
entschieden viel besser; aber doch wird Dich das 
Buch sehr interessieren. Oder kennst du es 
überhaupt schon?
Und Hettner(2) kommt also nach Berlin? 
Sage ihm, wenn Du nochmals Gelegen-
heit hast, ihm zu schreiben, daß wir uns 
sehr freuen. Ich meine auch, daß dieser 
Schritt für ihn sehr vorteilhaft sein wird.
Seite 2
Warum Du dich so gegen seine Heirat 
aussprichst, ist mir unverständlich. 
Du hast ja die Frau noch garnicht gesehen? 
Es erinnert mich lebhaft an meinen 
Fall, den Du auch zu einseitig beurteiltest. 
Überdies, was schadet es, wenn ein Mensch 
etwas durchzumachen hat und Sorgen 
tragen muß? Ich denke, daß das 
zahm macht und den Charakter festigen 
kann. Gerade Hettner könnte 
Vorteil aus einer Ehe erlangen. 
Indes, ich spreche mich weder für noch gegen aus, 
weil ich die Frau eben nicht kenne. 
Wenn Hettner will, wird er an uns 
gute Freunde finden. 
Du fragst weiter nach den Kritiken? 
Die Du für die letzte hieltst, war die erste, 
Seite 3
inzwischen erschienen nur noch 
3 weitere, welche wohl schlechter, meist unn unnützer sind als die erste. 
„Deutsche Worte 4. Dez.“ –
„Berl. Tageblatt 6.“ –
die dritte weiß ich selbst nicht mehr; 
Ach ist das alles langweilig!
Der Erfolg ist Null. Es müßte denn für 
später wirken. Aber ich brauche doch jetzt 
Hilfe. Inzwischen gab mir Richter(3) 
weitere kleine Sachen zu arbeiten, 
2 Weihnachtsgeschenke, die ich gern ausführe.
Dem Mann bin ich zu vielem Dank 
verpflichtet, da er der Einzige war, der mir 
in Berlin zu verdienen gab. 
Es wird wohl auch nicht das letzte Mal 
Seite 4
sein, daß er zu mir kam, denn er will 
mir sehr wohl. 
Geht es Dir wieder gut? Und wie ist das 
Befinden Deiner Frau? Wir hoffen, recht gut. 
Es ist ja nicht unmöglich, daß ich Anfang 
Januar 1 Tag nach Dresden komme, 
das wäre sehr fein. 
Willst Du mir später Deinen Eindruck über 
das Derleth(1) Buch schreiben? 
Seid beide herzlichst von uns gegrüßt 
Immer treu Dein Kolbe