Transkription

Mein lieber Herr Schmitt,

In L.[Leipzig] bin ich, und zwar
kam ich M Sonntag mit meiner
Frau hier an – ich jedoch in
krankem Zustande.

Immer lag ich diese Tage im
Zimmer, aber es ist noch
keine Aussicht auf wirkliche
Besserung vorhanden.
Für uns Beide ist das sehr bitter,
Sie werden das denken können.
Ich glaubte nun auch ganz
bestimmt, daß ich Sie nächsten
Sonntag sehen würde, und

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zwar so, daß Sie nach hier
kämen. Ich selbst habe jetzt
vor der Eisenbahn eine
heilige Scheu, so viel bin ich in
den Monaten gequält worden,
auch muss ich an das Geld denken.
In Dresden hätte ich überdies
Verpflichtungen und wir wären
so nicht frei.

Dass ich nun noch krank werden
musste, ärgert mich sehr,
was können Sie mit einem
kranken Mann anfangen?

Ich sehe so schlecht aus, daß ich mich
auch am besten nicht sehen lasse.

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In Brüssel hoffte ich, die
letzten Tage noch etwas von
Ihnen zu hören, worum ich Sie
in Paris bat – jedoch es kam
kein Brief.

Ich selbst hatte mit dem
„Gesetz“ so viel Arbeit, daß
ich nichts dachte und wünschte als
fort!!!

Was werde ich nun von Ihnen
hören? Schweigen Sie bitte
nicht länger.

Ich selbst muß, sobald ich munter
sein werde, nach Wohnung
und Atelier laufen.

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Ging es Ihnen und Ihrer
Frau Mutter immer gut?

Tuch(1) wird Leipzig verlassen –
man giebt ihm Geld, in
Paris zu studieren.

Wollen Sie uns auch sagen,
wann Sie uns besuchen
kämen? Ich freue mich
sehr, sehr, das wissen Sie.
Soll ich Ihnen telegraphieren,
wenn ich Sonnabend wohl b sein
sollte? Sie können es ja
dann halten, wie es Ihnen
paßt?

Mit herzlichstem Gruße von mir
und noch unbek. W. [unbekannterweise] von meiner
Frau

Ihr Kolbe

Anmerkungen

  1. Tuch, Kurt (27.5.1877, Leipzig – 23.11.1963, Muri, Kanton Aargau, Schweiz),  deutscher Maler und Graphiker

    http://d-nb.info/gnd/11743339X