Transkription

Lieber Herr Schmitt,

seit 10 Tagen bin ich schon in
meiner Heimat, in Waldheim,
und warte nun, bis die Zeit reif
ist, wann ich nach Dresden gehen kann.
Es wird die Zeit gegen den 10. Aug.
ungefähr sein, und ich hoffe bestimmt
auf irgend eine Art Wiedersehen.

Von Ihrer Versetzung hörte ich durch
Hettner(1); Die Adr.[Adresse] ist mir nur ent-
schwunden, und deshalb schreibe ich
nach Radebeul. Ich bedauere freilich
lebhaft, dass Sie nicht in Dresden sind,
wo ich Sie ganz egoistischerweise hin
wünschte.

Erzählen will ich Ihnen heute nicht viel,
könnte es auch nicht; wir werden uns

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doch gewiss einmal treffen, nichtwahr?
Mit Hettner verlebte ich noch recht
lustige Stunden in Carrara, wohin
ich ihn mitgelotst hatte, was nicht Ihren
Beifall finden wird. In Olevano
war er ja aber anscheinend sehr fleißig,
und diese Woche war nicht schlecht angewandt.
In Florenz waren wir auch noch und,
wo wir Tuch(2) trafen, und haben uns
einen tüchtigen Moralischen beim
Herrn Michelangelo(3) geholt.

Hettner reiste dann nach Rom
zurück und wir endlich einmal
nach Deutschland, was mir nun garnicht
gefällt. Am liebsten rückte ich
nun nach Paris aus, es wird aber
wohl über Dresden nicht hinauskommen.
Ohne Arbeit bin ich ein unglücklicher,
trauriger Mensch, u., da ich jetzt

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nicht arbeiten kann, wissen Sie, was ich
jetzt bin.

Mit Bayreuth hatte ich recht in meiner
Annahme; doch mündlich mehr.

Also nichtwahr, lieber Herr Schmitt,
wir sehen uns? Sie können sicher
einmal nach Dresden kommen.
Dort wird meine Adresse sein
Loschwitz, Malerstr. x 6 b,
bis zum 10. ### bin ich in Waldheim
in Sachsen.

Nehmen Sie meine treuesten
Grüße

Ihr Kolbe.