Transkription

Ammerland 28. Dez. 1933.
geschrieben. München.
den 11. Jan. neu geschrieben.

Lieber Georg Kolbe!

Jahre sind es, dass ich Dir nicht geschrieben. Ich fürchte,
ich habe Dir nicht einmal gedankt für die
grosse Freude, die Du uns gemacht hast mit
der Büste von E. v. Schrenk(1) [Edith von Schrenck]. Sie mahnt mich oft,
wenn ich satten Kitsch malen muss. Ich finde
sie sehr schön. – Ach Gott was muss man nicht
alles malen, um heute Geld zu verdienen.
Aber lieber alles tun als bitten u. Arsch......
müssen.

Ein Lebensabschnitt ist erreicht. Tomi(2) ist endlich
ausgeprüfter Herr Doktor. Doch heute hängt
ja alles in der Luft u. alle Wege sind noch
unklar.

Wie geht es Dir im 3. Reich?
Hier in München kann man z. Z. [zur Zeit] keine Bilder
verkaufen, das wird aber überall gleich sein.
Brauchst Du etwa einen Gehülfen oder
Hausmeister so würde ich mich darum
bewerben. Berlin ist hald [?] doch recht
weit weg u. sehr anders, vielleicht, es kann
sein, dass Du Dich kaum an mich erinnerst.
Meine Frau war zuletzt in Berlin, hat auch
wie sie sagt über mich gesprochen, vielleicht zu
hoffnungslos. Ich komme mir ja nicht hoffnungslos
vor. Das Leben ist mir immer noch reich. Kommst
Du nicht einmal wieder nach München?

Ich sehehe [sic] ja überall sehr schöne Arbeiten von
Dir nur Dich nicht. Eigendlich wäre es sehr
nett, wenn ich Dich {ein}mal irgendwo malen
könnte. Oder bist Du schon sehr oft gemalt?

Wie geht es Deinen Kindern?

Alles Gute auch für 1934

Mit herzlichen Grüßen Dein alter Colombo Max

Anmerkungen

  1. Werk Georg Kolbes, Porträt Edith von Schrenck, 1928

  2. Dr. med. Thomas Max, Adoptivsohn von Columbus Max (1909 – 1945, als Mitglied der Widerstandsbewegung "Freiheitsaktion Bayern" 1945 erschossen).