Erwähnte Objekte
Inhaltsangabe
Der handschriftliche Briefentwurf von Andreas Moritz stammt aus dem Nachlass von Maria von Tiesenhausen und wurde dem Konvolut 2022 beigefügt.
Transkription
Berlin, 18. Februar 31.
Lieber Herr G. Kolbe:
Im Sommer erzähl-
ten Sie mir von dem Auftrag,
den Herr E. Mendelssohn(1)
Ihnen für das deutsche Metall-
arbeiterverbandshaus(2) gab. Sie
zeigten mir Ihre Entwürfe:
„Prometheus(3)“, „Phönix(4)“ und
baten mich um meine Hilfs-
arbeit nach erfolgter Entschei-
dung. Mit meinen öfteren
Anfragen bekundete ich Ihnen
mein eigenes Interesse
an Ihrer Arbeit, und ich war trau-
rig, immer nur von Ihrer
Ungewissheit in dieser Sache zu
hören.
Im Spätsommer besuchte ich
den mir befreundeten Bildhauer
L. Gies(5) in seinem Atelier. Recht
erstaunt war ich, bei ihm Kopien
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derselben Architekturzeichnungen
zu sehen wie im Sommer bei
Ihnen. Leider bestätigte sich mei-
ne jähe Ahnung, dass Gies mit
derselben Aufgabe von Mendels-
sohn betraut worden war, ohne
dass vorher an Sie, Herr Kolbe,
eine abschlägige Antwort, wie sie
ja in diesem Falle nötig gewesen
wäre, erging. Meine noch schlim-
mere Vermutung bestätigte sich
leider auch, als ich auf einem
Gipsentwurf eines Ihrer Motive
>Prometheus< verwandt sah.
Es schien mir nicht unmöglich,
dass Mendelssohn die Ideen –
die er, wie Sie mir damals sagten,
als Symbole für dieses Aufgabe
durchaus treffend fand – an Gies
weitergab.
Spätere Erkundigungen bei Gies,
die ich in Ihrem Auftrag ein-
holte, ergaben, dass auch Gies
ohne Auftragserteilung blieb,
und auch andere Bildhauer, es fiel
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der Name Mataré(6), zuletzt Garbe(7),
mit der Lösung dieser Aufgabe
beauftragt wurden. In der Un-
gehaltenheit über solche Art sagte
mir Gies, dass Mendelssohn
„Nachteiliges“ über Ihr „Können“
äusserte, ähnlich wie Sie es selbst
von Mendelssohn über andere Bild-
hauer auch hörten.
Ich schreibe Ihnen, lieber Herr
Kolbe, all das auf, vielleicht
kann Ihnen diese Aufzeichnung
sehr dienlich sein.
Mit herzlichem Gruss:
Ihr Andreas Moritz.