Transkription
Haag, 30. Nov. 1915.
Lieber Herr Kolbe,
Gestern war der grosse Tag.
Der Kopf(1) ist angekommen!
– Eben geht Wichert(2) von
mir – sehr bewegt – und
meinte – das möchte
ich gleich für mein Museum
haben! Er lässt ihnen
sagen – wie begeistert
er ist.
Ich habe eigentlich gestern
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nichts getan – nichts anderes
tun und denken können –
u. kaum hatte ich das
Zimmer – in dem sich
das Heiligtum befand –
verlassen – so zog es mich
nach kürzester Zeit – wieder
magnetisch dorthin zurück.
Gehörten nicht Herkules-
kräfte dazu – dieses Meister-
werk zu bewegen – so hätte
ich es sicherlich unauf-
hörlich herum getragen. –
Was {für} mich besonders angenehm
und ein Beweis für die Grösse
und Kraft des Kunstwerks,
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dass ich es rein als solches
geniessen kann – ohne dabei
an mich denken zu müssen!
Dabei sind Verständige wie
Unverständige von der
Ähnlichkeit sehr beeindruckt.
Was wird mein Mann(3) sagen!
Sie werden verstehen – dass
es nicht leicht ist – dies
noch 4 Wochen zu verstecken.
Man hat das Gefühl – so
etwas ist nicht zu verstecken
und kommt sonst
plötzlich {von} selbst hervor! –
Wie schön ist die Welt –
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auf der man noch so etwas
„erleben“ darf! – –
– Mein einziger Wunsch nun
ist – dass sich Zeit, Gelegenheit
mit Ihrem Einverständniss
vereinigen – und Sie auch
meinen Mann einmal
machen werden.
Wie schön wäre dies z. B.
nach einem nicht zu fernen
Frieden – diesen Sommer
in Ohlstadt!!
Was nun einen mehr
geschäftlichen Teil – nämlich
das „Besitzerrecht“ dieses
Werkes anbelangt, (an das mich Wichert
erinnerte),
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wäre ich Ihnen dankbar,
wenn Sie einmal
gelegentlich diesbezüglich
Ihre Wünsche äusserten.
Ich könnte mir denken, dass
Sie selbst gerne einen zweiten
Abguss besässen für Ausstellungs-
zwecke – womit ich auch
sehr einverstanden wäre –
und eventuell auch die
Kosten der Ausstellung tragen
würde – mit der Bedingung,
eventuell, dass er später
auch in unseren Besitz
überginge – oder jedenfalls
erst nach Übereinkunft mit
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uns – von Ihnen anderweitig
verkauft werden könnte.
Wäre das ungefähr mit
Ihren Ansichten auch über-
einstimmend – oder
wie würden Sie sich diese
Angelegenheit denken – oder
es Ihnen am Liebsten sein?
– Dann möchte ich Sie
fragen, ob ich noch einige
Abzüge von den ausgezeichneten
fotografischen Aufnahmen
haben könnte? Könnten
Sie mir dieselben bestellen
u. die Rechnung schicken
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lassen – ebenso mich wissen
lassen, was ich dem alten
Männlein für die Hand(4)
schulde?
Ich wäre Ihnen sehr dankbar
für beides.
Nun kann ich Ihnen
nichts Weiteres sagen –
als – dass Sie mich sehr
glücklich gemacht haben! –
und Sie mit Ihrer
Gattin herzlichst grüsse –
Marguerite Kühlmann Stumm