Transkription

(Villa Bonaparte, Roma [30], Via XX Settembre, 66A) den 4. März 23.

Lieber Herr Kolbe.

Glücklich wieder daheim
angelangt – in Sonne, Wärme u. Blühen –
möchte ich Ihnen doch ein Lebenszeichen
senden und die erfreuliche Nachricht, daß
Ihrer Rom-Reise scheinbar nichts mehr
im Wege steht. Mein Mann freut sich
schon darauf, Sie zweite Hälfte July hier
zu begrüßen – über das genauere Datum
könnten Sie vielleicht mit ihm kurz
vorher noch korrespondieren, da sich verschiedene
Logier-Gäste bereits vormerkten.

Von der großen Überraschung
Ihrem Werk(1) – ahnt m. Mann noch nichts

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u. ich bin so gespannt, welchen Eindruck
es [auf] ihn machen wird. Wenn der Kopf
zu Ostern hier sein könnte, wäre herrlich
– die Kuriere reisen alle 10 Tage aus
Berlin ab.

Zu meinen wertvollsten Stimmungen
der Berliner Zeit gehören sicher die Sitzungen
bei Ihnen, lieber Herr Kolbe. Ihr schönes,
friedliches Atelier erschien mir stets wie
eine Oase in diesem Hetz-Getriebe der
„Großstadt“. – Hoffentlich ist bei Ihnen
im Norden nun auch der Frühling
eingezogen, der das Leben wenigstens
etwas rosiger erscheinen läßt.

Mit vielen herzlichen Grüßen
– auch meines Mannes – für Sie u. die Ihrigen
bin ich, lieber Herr Kolbe,

Ihre aufrichtig ergebene Vera Bergen
-Dirksen

Anmerkungen

  1. Werk Georg Kolbes, Porträt Vera von Bergen, 1923