Transkription

Am 16. Juli 1927.

Sehr verehrter Meister und Feund,

So glücklich war ich über Ihre Antwort,
hätte man sie mir doch nachgeschickt!

Ach, es ist wunderschöne, wenn man so gut
und völlig verstanden wird – so man sich
etwas Liebes ausdenkt. – Es war ein unbe-
schreiblich schöner Tag – es war ein Berg,
auf den selten jemand kommt –
und die wenigen Knospen, die ich fand,
brachen aus dem Schnee heraus.

Es war ein ganz feierlicher Gang; Sie waren
mit dabei und als wir ganz oben waren
und nur mehr Großartiges um uns
war – da meinte ich, – Sie müßten die
Krone, mit der Sie als Mensch und
Künstler vom Herrgott ausgezeichnet
sind – mutig allein weitertragen.

Denn so ist es doch: Sie gehören sich
selbst längst nicht mehr allein an.

Ihre Ausstellung(1) ruft ganz ver-
schiedene Empfindungen hervor:
Welchen schenken Sie neuen Mut
neue Kraft und viel Glück.

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Welchen bereiten Sie kummervolle Tage.
Welchen endlich möchte man fünfzig
Jahre Lebensvorschuß wünschen, daß auch
diese beruhigt ihrer Wege gehen könnten.
Über allem aber steht immer,- auch in
den schwärzesten Seelen,- zugegeben oder nicht –
die Anerkennung Ihrer großartigen
Künstlerschaft.

In steter Dankbarkeit
und Verehrung

Ihr Romeis.

Anmerkungen

  1. Münchener Kunstausstellung im Glaspalast 1927. Georg Kolbe belegte hier mit seinen Werken Raum 6.