Transkription

Berlin, den 15. April 1937

Inmitten der wohlgeordneten Gestalten,
welche Sie zur Akademie gaben, habe
ich noch einmal des Glückes gedacht,
Ihnen, Georg Kolbe, begegnet zu sein.
Werten Sie es nicht als eine Ver-
messenheit, wenn ich Ihnen diese
Zeichnung zu schenken wage. Allein
die Freude über den Gedanken
mag hier das größere Geschenk
sein.

In all diesen Jahren haben Sie
die Sorge um mein Schaffen ein
wenig mit getragen und mir
zuletzt den Lehrer gegeben, den
ich nun nicht mehr verlassen
möchte.

Der Ansturm, dem Sie am Beginn
eines neuen Jahrzehntes ausge-
setzt sind, verleidet mir, länger
und reicher meine Wünsche
für Sie zu schreiben.

Seite 2

Doch mag das Bekenntnis eines
jungen Bildners für Sie an
diesem Tage etwas Besonderes
haben:

Wann immer ich in Stunden
des Unglaubens vor Ihr und
Scheibe(1)s Werk trete, es hebt
in seiner Schöne mich über die
ekle Leere der Zeit hinweg und
bildet neue Kraft, den Hammer
freudig in die Hand zu nehmen.

In tiefer Ehrfurcht

Ihr
Ivo B.