Transkription

(„Der Fürstenhof“, Bad Wildungen, Weingrosshandlung, Fernruf-Sammelnummer: 203)
(Bad Wildungen)
15.VII 35

Liebe Julia, seit gestern
müssen Sie sich den
„Meister“ mit einem
Wassergläschen wandelnd
vorstellen. Arg spiessig
sieht das aus – soll aber
heilbringend sein; geruht
wird auch in grossem
Ausmaß. Dieses Leben
will ich 14 Tage führen,
um dann noch eine
kleine Woche in u. um

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Frankfurt M. zu bummeln.
Im August wird dann
das Kriegerdenkmal(1)
aufgestellt, und für
Sept. ist der Württemberger
Besuch angesetzt. Leider
weiss ich die genaue
Zeit noch nicht zu nennen.
Aber er wird bestimmt
ausgeführt. Ich fürchte
nur, dass es zu einer
Nächtigung in Stuttgart
selbst kaum Zeit genug
geben wird – sicher aber
zu einer eingehenden

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Besichtigung der Julia!

Ich hoffe nur, dass Sie
bis dahin Ihre Burg(2) noch
nicht werden verlassen
haben – so sehr ich Ihnen
die Verwandlung der-
selben in ein Hotel
od. Sanatorium wün-
sche. – Schönen Dank,
dass Sie mir zuletzt
etwas ausführlich schrieben.
Ich müsste das eigentlich
nun auch tun. Aber ab-
gesehen davon, dass sich
bei mir ja nichts ver-
ändert hat, muss ich

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mich ja jetzt viel pflegen,
auch will ich meine
paar mitteilenswerten
Dinge bis zu einem
Besuche aufsparen.

So seien Sie heute
gleich Ihren Schwestern
herzlich gegrüsst
von Ihrem
Georg K.

Anmerkungen

  1. Werk Georg Kolbes, Krieger-Ehrenmal Stralsund, eingeweiht November 1935

  2. Villa Hauff, Gerokstr. 7, Stuttgart, erbaut 1903–1904. Nach dem Tod des Vaters von Julia Hauff 1935 wurde das Gebäude zunächst an die Stadt verkauft, später von der NSDAP, nach dem Krieg von der Amerikansichen Besatzung beschlagnahmt. Heute beherbergt es als Werkstatthaus verschiedenen Kunstwerkstätten und Kursangebote.